Kultur

Ist die Heimat dort, wo man geboren ist oder dort, wo man satt wird?

Der Nachtigall wurde ins goldene Käfig gesperrt, dennoch bestand er auf seine Heimat, bestimmt haben Sie diesen Spruch bereits mehrmals gehört. Unsere Vorfahren, von welchen diese Sprüche stammen, sagten, dass die Heimat jener Ort ist, an dem man satt wird. Jede Aussiedlung hat eine besondere Geschichte, denn jede Person die aussiedelt ähnelt einem Waisen. Mit den tausende Jahre alten Liedern der Heimat, den Sitten und Gebräuchen in den Herzen, den Hochzeiten und Tänzen, und natürlich dem Geschmack und Geruch der regionalen Speisen an ihren Tischen tragen viele von Ihnen die Spuren der Aussiedlung oder der Heimat in ihren Namen.

Als ein Volk, das die Nomadenkultur gelebt hat, haben wir auch in der Geschichte Alleinstehenden, im Stich gelassenen sowie auch vielen Menschen in Not unsere Hilfe angeboten. Wir haben selbst ausgewandert und wurden einer Auswanderung auch ausgesetzt.

Von Dörfern in Städte, von Städten in andere Länder. Auf dem Weg um eine gute Zukunft für unsere Kinder wurde ohne Acht auf körperliche Abnutzung oder auf den Verlauf der Zeit, Tag und Nacht hart gearbeitet.

Niemand hatte eine bestimmte Seite, mehr war es die Spaltung eines Herzens in zwei Teile. Die Einen sagten „der Ort an dem ich geboren bin“, die Anderen wiederum entschieden sich für den Ort, an dem sie satt werden. Doch was ist tatsächlich das Richtige? Ist die Heimat das Ausland? Oder die Herkunft? Was ist die Heimat eigentlich?

In der Ferne ist das Leben anders, die Liebe wird in den Herzen getragen, mit Sehnsucht wird auf das nächste Wiedersehen gewartet, mit einem unbezahlbaren Schluchzen wird Umarmt. In der Ferne endet die Heimatliebe nie, insbesondere beim Anblick der ruhmvollen Flagge bei der Grenze stehen die Haare zu Berge, die Augen tränen aus Sehnsucht, doch diesmal sind es Glückstränen aufgrund des Wiedersehens. Der, der in der Heimat lebt, kennt diese Art der Liebe nicht, den Wert der Dinge versteht der Mensch erst nach Verlust, genau so ist unser Leben. Wir müssen unbedingt verlieren, entweder in dem wir Fernbleiben oder durch den Tod, denn dann erst tränen unsere Augen, die Herzen gedenken in Sehnsucht den Namen der Geliebten. Es ist seltsam, dass wir eine Liebe in unseren Herzen tragen, die wir erst wertschätzen, wenn wir diese verlieren.

Der in der Ferne, hat keine Heimat. Der Kummer ist groß, denn in der vermissten Heimat, wird er „Deutscher“ genannt. Beim einkaufen ist er zurückhaltend, denn plötzlich steigen die Preise für den „Deutschen“, als hätte er nichts für das Geld geleistet, das er in der Heimat ausgibt, so denken die Menschen in seiner Heimat über ihn.

Diese Lage schmerzt der Seele, anstelle der Sehnsucht tritt die Trauer, dann stellt man sich die Frage „wohin gehören wir?“ Denn in der Heimat werden diese Menschen als Deutsche und in Deutschland als Ausländer bezeichnet. Auch die Deutschen akzeptieren sie nicht, auch wenn sie sich ein Leben lang eine Ortschaft teilen, belächeln sie die Auswanderer lediglich.

Wer sind wir?

Wo ist unsere Heimat oder wo werden wir als wir selbst akzeptiert? Es ist das Leben der Auswanderer zwischen zwei Heimaten dennoch heimatlos zu leben. Es ist schwierig ein „Migrant“ zu sein. Niemand möchte freiwillig seine Heimat verlassen, kurz gesagt ist eine Aussiedlung, das Verlassen negativer Bedingungen. Menschen die aus ökonomischen, politischen oder gesellschaftlichen Gründen aussiedeln mussten sind auf einer unverständlichen Art fröhlich. Dies kann ein Reflex gegen den Kummer sein. Migranten bauen sich das Leben nach Familienbeziehungen und nach einem Naheverhältnis zu Verwandten auf. Familie und Verwandte sind Teile von einem untrennbaren Ganzen und haben eine hohe Priorität. Während die Migranten unter sich die Muttersprache sprechen, versuchen sie die Sprache des Landes bestens zu erlernen. Den Kindern wird Jahrelang beigebracht ein gutes Individuum zu werden, die Wichtigkeit des Menschseins wird dauerhaft betont und die Phase wird mit einer guten Ausbildung gekrönt. Die Toleranz wird als eine Tugend akzeptiert, denn die Erwartung von der Gesellschaft, in welcher sich nun die Migranten befinden sind ebenfalls tolerante Begegnungen. Auch wenn die Ernsthaftigkeit für sehr wichtig gehalten wird, sind Migranten genau diese Menschen, die wissen, dass der Schlüssel zum Glücklich sein das Glücklich machen ist.

Ein Widerstand gegen eine Abwandlung oder eine jegliche Veränderung ist bei Auswanderern ebenfalls zu beobachten. Sie nehmen die Kultur, die assimilierten Werte und für sie selbstverständliche Gebräuche mit. So entsteht die Problematik der „Integration“. Anpassungsunfähige oder jene, die sich nicht ändern wollen, werden diese Lage nichtsdestotrotz durch eine Veränderung überwinden können. Meist wird die letztere Option auch gewählt. Somit ist die Auswanderung nicht nur ein Zweck sondern nimmt auch die Form einer bestimmten Lebensweise an. Aus Sozialpsychologischer Sicht stellt sich die Frage, was die Ursache für eine Auswanderung von Menschen oder sogar von einer bestimmten Völkergruppe ist? Erfolgt die Auswanderung aufgrund einer Notwendigkeit oder aufgrund einer bestimmten Lage? Oder ist es ein Erbe unserer ehemaligen Nomadenkultur? Soweit ich beobachtet und verstanden habe ist ein Hauptfaktor der Auswanderung die Verlust der Hoffnung auf bessere Zeiten obwohl der Mensch bereits sämtliche Bemühungen hinter sich hat. Der Auswanderungsgrund von Völkergruppen kann sich mitunter auf Krieg, Bürgerkrieg und Terrorismus beziehen. Im Verhältnis gibt es keine Möglichkeit des Entgegenwirkens gegen die Auswanderung von einzelnen Individuen.

Aus welchem Grund können sich Türken, welche sich Jahrhundertelang an neue Gesellschaften anpassen konnten, nicht an die Gesellschaft in Europa anpassen?

Der Eigentliche Auswanderungsgrund der Türken nach Europa waren insbesondere die kurzfristigen Arbeitsmöglichkeiten nach dem Krieg. Weder die Auswanderer, noch die europäischen Staaten haben eine so langfristige Arbeitsmigration in Betracht gezogen.

Ziel der Arbeitsemigranten war eine Rückkehr nachdem ausreichend Geld eingespart wurde und auch die europäischen Staaten strebten deren Rückkehr nach der Stabilisierung der Wirtschaft an, jedoch wurde in dieser Zeit die Integration vernachlässigt. Seit 1996 sind die Arbeitsemigranten seit 3-4 Generationen in Europa, zwar kommt eine Rückkehr (ausgenommen sind natürlich Einzelfälle) nicht mehr in Frage, jedoch wird tatsächlich seit kurzer Zeit im Hinblick auf die Vergangenen Jahrzehnte eine Integration angestrebt. Dadurch, dass dieser Weg zu spät eingeschlagen wurde lässt sich heute sagen, dass die Integration von Arbeitsemigranten und ihren Nachkommen eines der größten Herausforderungen europäischer Staaten ist. Aus europäischer Art sind es die „Integrationsprobleme der Arbeitsemigranten“, welche sich jedoch meist auf die Türkische Volksgruppe bezieht.

Menschen aus der ganzen Welt verlassen aus verschiedensten Gründen ihre Heimat mit der Hoffnung auf ein neues Leben. An ihrem Ziel verfallen sehr viele von ihnen in eine Persönlichkeitsdepression mit der Ursache einer Enttäuschung an den Umständen. All diese Schwierigkeiten können zu einer erhöhten Empfindlichkeit dieser Menschen führen.

Autorin: Nisan Kılıç

Foto Credit – DW – picture-alliance/ dpa

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