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„Die Türkei ist nur einen Katzensprung von Villach entfernt“

Peter Kaiser im Gespräch mit „Brücke“

Zwar gehört Kärnten zu Österreichs kleineren Bundesländern, doch ihre Wirkung ist groß: Mit seinen atemberaubenden Landschaften und ihrer Grenzlage ist Kärnten eine der führenden Begegnungsorte des Landes. Und sie hat eine weitere Eigenschaft: Ihr beliebter Regierungschef. Landeshauptmann Peter Kaiser ist erst vor etwa einem halben Jahr seine dritte Amtszeit angetreten. Seine Ziele, Projekte und Ideen für die neue Amtszeit sowie die türkisch-österreichischen Beziehungen hat er der Brücke verraten.

‚WENN DU DIESEN JOB MACHST, MUSST DU MENSCHEN MÖGEN‘

Herr Landeshauptmann, im April sind Sie Ihre dritte Amtszeit angetreten. Macht Ihnen die Aufgabe eigentlich spaß?

Ich habe immer gesagt – wenn du diesen Job machst, musst du Menschen mögen. Daran hat sich nichts geändert, das ist die Grundvoraussetzung, das Fundament meiner Arbeit auf dem ich noch jeden Tag aufbaue.

Trotz hoher Stimmenanteile haben Sie Ihr 40%-Ziel nur aufgerundet erreicht. Wo sehen Sie die Gründe für den Verlust? Wie sah die Wahlanalyse aus?

Jedes Minus schmerzt, und natürlich haben wir das Ergebnis und die Gründe genau analysiert, um unsere Lehren daraus zu ziehen und wieder stärker zu werden. Andererseits muss man auch sagen: Knapp 40 Prozent! Wo gibt es in Europa in so instabilen, krisenbehafteten Zeiten wie diesen ein solches Ergebnis?

Es ist uns gelungen in einigen Bereichen eine exzellente Performance zu zeigen – wie etwa im Social Media-Bereich oder bei über 150.000 besuchten Haushalten in Kärnten. Nachbessern müssen wir u.a. in der Kommunikation, vor allem im ländlichen Bereich und im grundsätzlichen Verkauf unserer politischen Arbeit. Darüber hinaus haben wir – eben durch die vielen Hausbesuche erfahren, dass viele Menschen sich vom Land Kärnten mehr Service erwarten und einen stärkeren Bürokratieabbau. Das nehmen wir in die kommenden Gespräche und als Aufgabe mit und wir werden ganz verstärkt Klimapolitik für Kärnten machen und einfordern. Das hat für uns einen sehr hohen Stellenwert, gerade weil wir ein „enkelfittes“ Kärnten wollen, in jeder Hinsicht. Eine Lehre für die Zukunft muss sein, Ziele klarerer zu formulieren, damit alle Kärntner:innen auch bereit sind diese mitzutragen.

BILATERALE BEZIEHUNGEN SIND TIEF VERWURZELT

Kärnten ist das viertkleinste österreichische Bundesland und beheimatet nichtsdestotrotz einen hohen Ausländeranteil. Wie ist Ihr Dialog zu den verschiedenen Ethnien und Nationen?

Ich habe mich stets um die Vielfalt in Kärnten bemüht, sie als Bereicherung wahrgenommen und gefördert. Kärnten ist eingebettet in die Alpen-Adria-Region, ist und war schon immer ein zwei- und mehrsprachiges Gebiet, wo sich Kulturen und Bräuche treffen und miteinander kommunizieren. Das zeichnet Kärnten aus und macht es einzigartig – der beständige Dialog von Menschen und ihrer Kultur.

Auch in Bezug auf die historische Türkenbelagerung weist Kärnten eine lange Verbindung zur Türkiye auf. Wie sind jetzt die Beziehungen zur Türkiye und der türkischstämmigen Bevölkerung Kärntens? Verfolgen Sie landeseigene Projekte zur Vertiefung dieser Beziehungen?

Von Villach in die Türkei ist es ja nur ein Katzensprung. Mit dem Auto sind Sie in nur knapp zehn Minuten dort – Sie meinen doch das kleine Tal in der Nähe von Villach, nördlich des Faaker See? Ja, es gibt tatsächlich ein Gebiet namens Türkei in Kärnten, dessen Namensgebung sich den osmanischen Eroberungszügen Mitte des 15. Jahrhunderts verdankt. Eine spannende historische Anekdote und sehr lesenswert – aber ernsthaft gesprochen: Wir sehen die Türkei als wichtigen Partner, gerade in global herausfordernden Zeiten und sind bemüht die wirtschaftlichen und touristischen Kontakte zwischen der Türkei und Kärnten zu stärken. Über eine engere Kooperation können unserer Länder in Zukunft noch mehr Chancen und Potenziale nutzen. Entsprechende Gespräche gab es zuletzt im November 2022 mit dem Botschafter der Republik Türkei, Ozan Ceyhun und der türkischen Generalkonsulin, Günay Babadoğan Ertan.

Häufig bemerken wir ein fehlendes politisches Interesse von Personen mit Migrationshintergrund. Welche Strategien verfolgen Sie, um ihr Interesse zu vergrößern?

Ein aktuelles Beispiel für unsere Strategie mehr Menschen zu erreichen ist unser Regierungsprogramm für Kärnten – die Präambel dazu wurde viersprachig verfasst – Deutsch, Slowenisch, Italienisch und Englisch. Wenn wir als Politikerinnen und Politiker gehört und verstanden werden wollen, müssen wir auch die entsprechenden Voraussetzungen dafür schaffen.

EUROPAWEITE AUFMERKSAMKEIT FÜR ‚ZUKUNFT KÄRNTEN‘

Welche Rolle kommt hier Ihrer Meinung nach den „Migrantenmedien“ zu?

Ein große und wichtige – Medien geben ja nicht nur Information wieder, sondern setzen diese in einen Kontext, der vom Zielpublikum verstanden wird.

Stellt Ihr Land auch Fördermittel oder anderweitiges Budget für „Migrantenmedien“ zur Verfügung?

Wir fördern von Seiten des Landes Kärnten generell Projekte, welche einen Beitrag zur Integration und zu einem friedlichen, erfolgreichen Zusammenleben aller Menschen in Kärnten beitragen können über die Abteilung 13 – Gesellschaft und Integration / Flüchtlingswesen-Grundversorgung und Integration. Bei Einschaltungen oder Inseraten, egal in welchem Medium – ist das Land Kärnten an das Medientransparenzgesetz gebunden.

Ihre Regierung nennt sich die Nachhaltigkeitskoalition. Wie wollen Sie eine nachhaltige Politik erreichen?

Nachhaltigkeit ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Zukunft. Daran zweifelt heute niemand mehr – alleine das Wort wurde in der Vergangenheit zu oft und zu leichtfertig gebraucht. Es liegt an der Politik, diesem Wort wieder Sinn und Ziel zu geben. Kärnten hat als erstes Bundesland das neue Regierungsprogramm „Zukunft Kärnten 2023-2028“ an den 17 Zielen für Nachhaltige Entwicklung (SDGs) ausgerichtet. Das ist schon eine sehr klare An- und Aussage, die auch europaweit Beachtung findet.

‚AUF KÄRNTEN WIRD WEITER AUSGEBAUT‘

Welche Rolle spielt dabei die Energiepolitik?

Eine große, ja unverzichtbare Rolle. Unser Ziel muss es sein, unseren ambitionierten Kärntner Energiemix aus erneuerbarer Produktion weiter zu etablieren, ohne die artenreiche und außergewöhnliche Natur Kärntens aufs Spiel zu setzen. Durch die bereits laufende Überarbeitung und regelmäßige Anpassung des Energiemasterplans, dem Bekenntnis zu einer aktiven Energieraumplanung und beschleunigten Verfahren soll es mehr Mut und Tempo bei der Umsetzung von Photovoltaik auf Gebäuden, versiegelten Flächen sowie Grenzertragsflächen, bei Windkraft, Wasserkraft und Biomasse geben.

Eine besondere Rolle in Kärnten spielt auch der Tourismus. Welche Projekte werden Sie diesbezüglich in Ihrer neuen Amtszeit verfolgen?

Ein nachhaltiges und modernes Freizeit- und Tourismusangebot hat für die wirtschaftliche Wertschöpfung im Land eine große Bedeutung. Die Positionierung Kärntens als Urlaubsland mit der höchsten Konzentration an südlichem Lebensgefühl in Österreich wird beibehalten und auf die erfolgreiche Marke weiter aufgebaut. Dazu wird u.a. die klimafreundliche Mobilität für die Gäste deutlich ausgebaut. Ebenso wird die Inklusion und Barrierefreiheit im Tourismus verbessert.

Welche Themen erwarten Sie in der neuen Legislaturperiode?

In Zeiten globaler Krisen ist es höchste Priorität einer Regierung, den Herausforderungen einer rasant in Umbruch befindlichen Welt zu begegnen. Das hat die Koalition in Kärnten in der letzten Legislaturperiode geschafft. Nun geht es darum, entschlossen an der Zukunft zu bauen. Mit dem neuen Regierungsprogramm legen wir zielgerichtete Maßnahmen vor, um Kärnten zu einem Land weiterzuentwickeln, das ein führender Wirtschafts- und begehrter Lebensstandort ist. Die Menschen, die in Kärnten leben, sollen ihre Heimat als Ort er- und beleben, an dem eine gute Zukunft für alle gleichermaßen gelingen kann.

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