Page 15 - 40 ausgabe
P. 15

Eltern, die in ihrer eigenen Kindheits- und Pubertätsphase mit einem System aufgewachsen sind, das von ihnen ohne
       Hinterfragung Gehorsamkeit erwartet hat, versuchen heutzutage, als würden sie sich revanchieren wollen, genau das
       Gegenteil zu machen. Den Platz der Prototyp-Eltern, die sich das Motto „Gehorche und sei in Frieden“ angeeignet hat-
       ten und bei Unterdrückungen zu schweigen als „Artigkeit“ bezeichneten, wurden durch Eltern ersetzt, die versuchen all
       das, was sie selber nicht ausleben konnten über, ihre eigenen Kinder aufzuholen, über das Dasein ihrer Kinder zu existie-
       ren und sich darauf fokussieren „Kinder als Projekte“ zu erziehen. Diese Art der Erziehung ist vor allem unter gebildeten
       und wohlhabenden Familien zu einem Trend geworden. Hierbei werden die Vorlieben, die Fertigkeiten und das Tem-
       pera- ment des Kindes beinahe gar nicht berücksichtigt, und dem Kind werden bestimmte Erwartungen zugemutet. Des
       Weiteren werden von diesen Kindern erwartet, dass sie sowohl Erfolg in der Schule zeigen als auch ihre künstlerischen
       und sportlichen Fähigkeiten einwandfrei verbessern. Jeder einzelne Lebensabschnitt dieser Kinder wird schon vor der
       Geburt geplant. Die „Supereltern“ entscheiden im Namen ihrer Kinder auf welche Schule sie gehen, mit wem sie sich
       anfreunden, wann sie lernen, wann sie schlafen, wann sie essen, wie sie sich ankleiden und wann sie sich mit ihren Freun-
       den verabreden. Diesen Kindern werden alle Möglichkeiten, unter anderem auch Bildung, Komfort, teure Bekleidung und
       alle Art von Spielzeugen zur Verfügung gestellt. Die Kinder werden von einem Kurs zum anderen und von einer Veranstal-
       tung zur nächsten auf Trab gehalten. Alles, was sich diese Kinder wünschen, werden ohne Wenn und Aber gekauft und sie
       verfügen über die besten Lebenschancen. Sie sehen perfekt aus und haben eine gute Erscheinung. Da diese Eltern ihre
       Pfichten gegenüber ihren Kindern „grandios“ geleistet haben, haben sie ein gutes Gewissen. Diese auch „Projektkinder“
       genannten Kinder führen ihr Leben genauso wie im Aquarium lebenden Fische, die die Welt nur von außen betrachten
       und widmen sich nur der Anerkennung ihrer „Supereltern“. Sie glauben wie ihre Eltern daran, dass man aus- schließlich im
       Rahmen guter Möglichkeiten an Glück gelangen kann und streben dies stets an. Außerdem glauben diese Kinder auch,
       dass sie von ihren Eltern nur dann geliebt werden, wenn sie ihren Erfolg aufrechterhalten (bedingte Liebe). Doch irgend-
       wann verspüren sie eine große Leere in ihrer inneren Welt.
                                 DOCH AN WAS MANGELT ES DEN KINDERN?



                      Diese auch „Projektkinder“ genannten Kinder widmen sich nur der Anerkennung ihrer
                „Supereltern“. Sie glauben daran, dass man ausschließlich im Rahmen guter Möglichkeiten an Glück
                      gelangen kann. Doch irgendwann verspüren sie eine große Leere in ihrer inneren Welt.


       Liebe… Bedingungslose Liebe… Ein Bedürfnis, wofür man   Die Pficht der Eltern ist es nicht den Kindern ein perfektes
       all sein Hab und Gut aufgeben könnte. Damit der Mensch   Leben zu ermöglichen. Denn Kinder werden dadurch ge-
       mit sich, mit anderen und der Welt in Frieden leben kann,   fördert, wenn man ihnen die Chance gibt, sowohl die posi-
       ist  bedingungslose  Liebe  etwas  äußerst  Wichtiges.  Es  ist   tiven als auch die negativen Seiten des Lebens kennenzul-
       nur dann möglich andere zu lieben, wenn man sich selbst   ernen, anstatt ihnen alles bereitzustellen.
       wirklich liebt.                                        Eltern sollten den Kindern übermitteln, dass das Glück da-
                                                              rin liegt, mit dem was man besitzt sich zu begnügen und
       Was sind dann demnach die Pfichten der Eltern?         dafür dankbar zu sein.

       Den Kindern einfach die Möglichkeit geben ihre Kindheit   Eltern sollten den Kindern ihr eigenes Leben ausleben las-
       in Ruhe auszuleben. Sie sollen spielen, Spaß haben und   sen, anstatt zu versuchen all das, was sie selber nicht er-
       genug von ihrer Kindheit bekommen. Denn diese Zeiten   fahren konnten, wie ein Projekt, über ihre Kinder zu reali-
       werden nie erneut eintreffen.                          sieren. Letztendlich sind Kinder keine Projekte und die
                                                              Eltern sind nicht die Besitzer der Kinder, sondern nur deren
       Mit den Kindern eine emotionale Bindung aufbauen, ihr   Betreuer.
       Wesen lieben, uns selber die Möglichkeit geben, so zu sein,
       wie wir es wollen und den Kindern auch die Möglichkeit
       geben, so zu sein, wie sie es wollen.
       Auf die Veranlagungen der Kinder achten und die Kin-der
       nicht von ihrem eigenen Wesen trennen. Den Kindern nicht
       das Gefühl wie „Wenn du erfolgreich, feißig, brav etc. bist,
       wirst du geliebt und akzeptiert.“ weitergeben. Den Kindern
       eher das Gefühl weitergegeben wie „Ich lie-                  be dich
       so wie du bist und bin überglücklich, wenn du erfolgreich,
       gläubig etc. bist.“.

       Den Kindern nichts gewähren, was sie nicht bedürfen. Sa-
       chen, die ohne jeglichen Bedarf gewährt werden, führen
       zu Verschwendungsneigungen und mit der Zeit auch zu
       Unzufriedenheit. Denn das man nicht alles besitzt, fördert
       wiederum die Fähigkeit mit schwierigen Situationen
       umzugehen.




                                                                                                 15    Ausgabe 40
   10   11   12   13   14   15   16   17   18   19   20