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RELIGION
Die neue Maske
des Rassismus ist
ISLAMOPHOBIE
Prof. Dr. Özcan HIDIR
nerung gerufen. Außerdem tauchte mit dem Sarkasmus
Der Begriff „Islamophobie“ wurde im letzten Jahrhundert des französischen Präsidenten Macron auch eine negative
des Öfteren verwendet und schaffte sich somit ein weites Einstellung gegenüber dem Propheten auf. Wenn man die
Gebiet. Welche Ängste des Westens haben diesen Begriff Geschichte dieser Situation sich genauer anschaut, sieht
entstehen und verbreiten lassen? Was sind Ihrer Meinung man tatsächlich, dass Islamfeindlichkeit im Wesentlichen
nach die Hauptgründe? über den Koran und den Propheten durchgeführt wurde.
In dieser Hinsicht wurden theopolitische Projekte ins Le-
Es gibt viele historische, religiös-ideologische, politische, ben gerufen und die verbale sowie körperliche Gewalt ge-
wirtschaftliche, soziologisch-anthropologische, demografi- gen Muslime nahm zu.
sche und psychologische Gründe für diese Opposition.
Unserer Meinung nach ist jedoch das Wichtigste, dass die Wie bereits erwähnt, hat das Thema viele Gründe: die Zu-
Entscheidungsträger des Westens tatsächlich Angst vor nahme der Anzahl der Muslime im Westen, die Verbreitung
dem Islam haben und dies eine 1400-jährige Vergangen- von Konversionen zum Islam, der Aufstieg der extremen
heit hat. Als der Prophet (s.a.s.) als letzter Prophet gesandt Linken und Rechten zur "neuen Normalität, Europas", die
wurde und der Islam sich schnell verbreitete, gerieten die Diskurse und Aktionen externer oder radikal integrierter
Kirchenväter, insbesondere Mitglieder des Christentums, Gruppen wie Daesh. Einer der Gründe für Macrons „Islam
in Panik und verbreiteten Aussagen wie „Der Islam ist von Frankreich“ -Projekt und seinem letzten Sarkasmus ist
eine vom Christentum abweichende häresische Religion“, auch, dass der Anzahl der Muslime im Frankreich -inoffi-
„Ismailiten-Hagarism-Sarazenen-Häretiker -Barbaren“. ziell- mehr als 10 Millionen beträgt und jedes Jahr durch-
Diese und ähnliche Diskurse wurden von vielen Schrift- schnittlich 20.000 Menschen zum Islam konvertieren.
stellern-Denkern-Orientalisten mit Nuancen wiederholt,
die die Gedankencodes des Westens als „eine über Gene- Angesichts der zunehmenden Einwanderungszahl im
rationen weitergegebene Erbe“ bilden und wurden in the- Westen in den letzten Jahren sehen wir, dass die Europäer
opolitische Projekte umgewandelt. sowohl individuell als auch sozial mit den Diskursen, die
sie in der Vergangenheit über die "Kultur des Zusammen-
Xenophobie, also Fremdenfeindlichkeit, welches ein Ober- lebens" entwickelt haben, konfrontiert werden. Was den-
begriff der Islamfeindlichkeit ist, hat es eigentlich immer ken Sie, wohin geht der Westen in der Hinsicht hin?
gegeben. Mit dem Ende des Kalten Krieges (90er-Jahre)
wurde der Islam als neuer Feind des Westens betrachtet, Eigentlich existiert in der Geschichte im Westen die "Kul-
welches dazu führte, dass für Islamophobie eine neue tur des Zusammenlebens" nicht. Obwohl in den letzten
Phase begann und Islamophobie sich insbesondere nach Jahren von befugten Personen angekündigt wurde, dass
dem 11. September in Anti-Islam und Islamfeindlichkeit dem Multikulturalismus, welches von einigen Staaten
verwandelte. Diese Feindseligkeit erscheint heute eher angeeignet wurde, nach Ende der Arbeitsmigration (bis
als „Rassismus - kultureller Rassismus“. Zudem wird auch Kalter Krieg und 11. September) in dem Westen ein Ende
wie in der Reformationszeit (nach dem 15. Jahrhundert) gesetzt wurde, ist der Westen immer noch damit konfron-
die „Türkenphobie- Türkenfeindlichkeit“ wieder in Erin- tiert. Diese Konfrontation besteht eigentlich aus zwei Bere-
Magazin für Vielfalt 4