Röportaj

Interview mit Türkischem Botschafter in Wien

Überraschender Abschied und unser letztes Gespräch mit dem türkischen Botschafter in Wien.

Wir hatten vor kurzem die Gelegenheit uns mit Herrn Botschafter Ümit Yardim zu treffen und konnten uns über die aktuellen Geschehnisse unterhalten. Wir hatten ziemlich effizientes und zukunftsorientiertes Gespräch mit Herrn Yardim.

Während seiner sehr kurzen Amtszeit hatte Herr Yardim sehr großes in Bewegung gesetzt. Er hat nahezu mit allen türkischen zivilgesellschaftlichen Organisationen Kontakt aufgenommen, die auch unterstützt. Er war für die türkische Community erster Ansprechpartner und sehr erfolgreicher Diplomat in allen Bereichen des Zusammenlebens in Österreich.

Wir danken Herrn Yardim für sein Engagement für die türkisch stämmige Bevölkerung in Österreich und wünschen ihm für seinen weiteren beruflichen und privaten Lebensweg alles Gute.

Folgend finden Sie unser Interview mit Herrn Yardim

Brücke: Herr Botschafter, können Sie sich bitte kurz vorstellen.

Ümit Yardim: Nochmals herzlich Willkommen Herr Delice. Ich arbeite circa seit 32 Jahren im Außenministerium der Republik Türkei. Bisher durfte ich in acht verschiedenen Ländern den Diplomatenamt annehmen. Ich war sogar während der Sowjetischen Union am Amt, heutzutage lesen die Menschen diese Zeiten nur mehr aus den Geschichtebüchern. Ich war bisher in Griechenland, Portugal, Aserbaidschan, Deutschland, Teheran, Moskau tätig. Als Botschafter ist Österreich für mich dritte Station.

Brücke: Sie sind sehr aktiver Botschafter und sind ständig in Kontakt mit der Bevölkerung in Österreich. Dies ist sehr erfreulich für die türkisch stämmige Personen. Haben Sie auch Hobbies, die Sie in Ihrer Freizeit nachgehen? Was machen Sie außerberuflich.

Ümit Yardim: Ich bin mir nicht sicher ob dies ausschlaggebend für die Bevölkerung ist aber es macht mir sehr große Freude neue Kulturen, deren Literatur und Musik kennenzulernen. Mittlerweile kann ich keinen Strich zwischen privat und beruflichen Leben ziehen, denn neue Menschen kennenzulernen und mit denen zu kommunizieren ist sowohl meine Leidenschaft als auch ein Teil meines Amtes.

Wenn ein Botschafter sich nur zwischen Büro und eigenes zu Hause aufhält, kann er gar nicht erfolgreich sein und eine richtige Analyse der Bevölkerung ist dadurch nahezu unmöglich, nicht wahr?

Brücke: Woran liegen die Hauptprobleme der türkischen Gesellschaft in Österreich?

Ümit Yardim: wir können nicht verschiedene Probleme unter einem Hauptthema kategorisieren, unter den wichtigsten Thematik können wir die Zurückhaltung der türkisch stämmigen Personen von den Geschehnissen in Österreich. Sehr viele sind desinteressiert an österreichische Politik, österreichische Kultur und genauso an österreichische Medien.

Weiteres Beispiel für eine der wichtigsten Themen ist die Bildung. Vor allem erlernen einer Fremdsprache, Mittlerweile reicht nur Türkisch und Deutsch nicht mehr aus. Die türkischen Migranten müssen sich auch auf eine zweite Fremdsprache konzentrieren.

Personen die bereits österreichische Staatsbürgerschaft erworben haben, sollten über die Gleichberechtigung mit einem Österreicher im Klaren sein.

Natürlich kommen noch weitere Themen im Vorschein. Zum Beispiel es fehlt weiterhin ein starker politischer Vertreter bzw. Vertreterin der türkisch stämmigen Bevölkerung. Genauso an Gewerkschaften etc. ist die Bevölkerung sehr gering bis gar nicht vertreten.

Wir wissen wie wichtig das Erlernen der Muttersprache für Kinder wichtig ist, in diesem Zusammenhang fehlen türkischsprachige Bildungsinstitutionen.

Die genannten Themen können wir als Hauptprobleme der türkisch stämmigen Bevölkerung aufzählen.

Türken sind in der Tat sehr praktisch, dynamisch und unternehmerisch, daher glaube ich an unsere Gesellschaft und mit etwas Mut und Fleiß werden wir auch in allen Bereichen sehr stark vertreten sein.

Brücke: Es ist schon bewusst, dass wir noch erfolgreicher sein können jedoch unsere Ressourcen nicht richtig anwenden. Türkische Arbeitgeber erwirtschaften sehr gute Zahlen für die österreichische Wirtschaft. Trotzdem liegt unsere Schwäche an der Politik und auch an rechtliches Wissen bzw. Schritten.

Ümit Yardim: Mit etwas mehr Fleiß und Engagement können wir diese Probleme genauso aus der Welt schafften. Warum soll denn eine andere Gesellschaft mehr erfolgreicher sein als uns, obwohl wir gleiche Rechte haben? Natürlich dafür muss jede einzelne darüber nachdenken.

Brücke: In Österreich wird in der letzten Zeit immer öfters über die Integration der Türken diskutiert und dies wird sehr oft in der Politik angewendet. Was denken Sie darüber? Gibt es seitens der Botschaft oder Konsulat diesbezügliche Lösungsvorschläge oder bereits in Gange gesetzte Projekte?

Ümit Yardim: In erster Linie müssen wir zwischen türkische Staatsbürger und österreichische Staatsbürger mit türkischen Wurzeln unterscheiden. Es haben bereits mehr als 100.000 Personen die österreichische Staatsbürgerschaft. All diese Personen sind ein Teil der österreichischen Gesellschaft daher können wir beide Bevölkerungsgruppen nicht voneinander trennen. So muss das auch sein, andersrum ist es auf der diplomatischen Ebene nicht passend.  Sehr wohl liegt mein Aufgabenbereich in erster Linie für die türkische Staatsbürger.

Wir als türkische Botschaft versuchen auf der einen Seite Beziehungen mit der österreichischen Republik aufzubauen und auf der anderen Seite haben wir eine besondere Beziehung mit türkischem Staatsbürger in Österreich.

Für die gefragte Problematik sind wir stets in Kontakt mit Zivilgesellschaftliche Organisationen und mit der türkischen Presse. Wir treffen uns regelmäßig und in diesem Zusammenhang spielt der Austausch Informationen eine elementare Rolle. Dies fördert das soziale Bewusstsein unter türkische Gesellschaft. Großteil unsere Projekte führen wir gemeinsam mit österreichischen Kollegen und Kolleginnen durch.

Wenn ein Konzert organisiert wird, dann muss die Musik von deutschsprachigem Raum vor allem österreichische, auch integrieret werden. Wenn eine Literaturausstellung stattfindet, dann muss die österreichische Literatur auch vorgestellt werden.

Sehr oft ist unser einzig allein Ansprechpartner die österreichische Republik. Wir kommunizieren natürlich diesbezüglich auch mit österreichischen Behörden.

Brücke: Mit großer Freude folgen wir Ihr Engagement im Bereich der Kulturellentätigkeiten. Aber eines ist uns aufgefallen, wir sehen in diesen Organisationen immer gleiche Personen. Die Gesellschaft ist in den meisten Fällen weit entfernt von diese Zivilgesellschaftliche Organisationen. Kann man da nicht alle Zivilgesellschaftliche Organisationen unter einem Dach gemeinsam Projekte entwickeln? Wie ist ihr Standpunkt dazu?

Ümit Yardim: Bisher konnten wir nahezu mit allen Zivilgesellschaftliche Organisationen Beziehungen aufbauen. In erster Linie können wir im Bereich der Bildung über die Projekte diskutieren. Wir haben bisher Frauen und Kindersprecher der Organisationen eingeladen. Mit Ihnen hatten wir zukunftsorientierte Gespräche, wir werde diese Art von Treffen weiterhin durchführen und unsere Lösungsvorschläge anbieten.

Brücke: von allen Seiten wird erwähnt, dass sich die Botschaft und Konsulat von der eigentlichen Gesellschaft distanziert. Was möchten Sie über diese Aussage bzw. Entgegennahme sagen?

Ümit Yardim: Ich folge die Aktivitäten von unserem Generalkonsul Hernn Asip Kaya, mit großem Stolz. Es ist leider unmöglich jeden Einzelnen zu erreichen. Wir nehmen nahezu alle Einladungen an und treffen uns mit türkischem Staatsbürger in Österreich. Sehr oft fehlt die Information über unsere Anwesen unter türkische Gesellschaft. Da liegt die größte Aufgabe an Zivilgesellschaftliche Organisationen, sie müssen noch aktiver mit der türkischen Gesellschaft zusammenarbeiten.

Brücke: Wir sind nun in einer Phase wo die Vorurteile gegenüber Türken tag zu tag größer wird, in diesem Zusammenhang spielt die Kultur und Fremdenverkehr Abteilung der türkischen -botschaft eine große Rolle. Wie wir wissen, ist diese Abteilung gar nicht besetzt und es gibt auch keine zuständigen Beamte für Kultur, Bildung und Religion. Wie gesehen Sie mit dieser Thematik um?

Ümit Yardim: Ja, da haben Sie vollkommen Recht. Wir bemühen uns die Stellen schnellst möglichst zu besetzen. In sehr nahe Zukunft werden die Beamten Ihr Amt nachgehen.

Brücke: Es gibt bereits ein Urteil seitens der Verfassungsgerichtshofs, die Wählerlisten werden nicht mehr als Nachweis einer doppelten Staatsbürgerschaft angesehen. Jedoch endet die Problematik nicht damit, bei der Familiennachzug, Tod und Erbschaft taucht das Thema nochmals auf. Türkische Staatsbürger werden diesbezüglich sehr benachteiligt. Haben Sie einen Lösungsvorschlag für das Thema doppelte Staatsbürgerschaft? Was würden Sie dem türkischen Staatsbürger empfehlen?

Ümit Yardim: Vielen Dank, dass Sie dieses Problem auch angesprochen haben. Ich werde mich mit dieser Thematik beschäftigen und eine Versammlung über mögliche Lösungsvorschläge demnächst organisieren.

Brücke: Die Präsidentschaft für Türken im Ausland und verwandte Gemeinschaften (folgend YTB) unterstützt eine Zivilgesellschaftliche Organisation, das wissen wir. Gibt es andere Organisationen, die von der YTB unterstützt werden?

Ümit Yardim: Die YTB ist eine sehr transparente Organisation und alle Informationen werden auf der Webseite veröffentlicht. Für jegliche Unterstützungen und Förderungen können Sie sich auf der Webseite Informieren.

Brücke: Leider ist dies zurzeit nicht der Fall, im vergangenen Jahr sollten die geförderten Institutionen und die Fördersumme veröffentlicht werden, jedoch konnten wir keine Information bzw. Veröffentlichung darüber finden.

Ümit Yardim: Wir sind immer für neue Vorschläge und Zusammenarbeit offen. In den kommenden Monaten wird YTB in Wien eine Infoveranstaltung organisieren. Ich finde es wäre sehr hilfreich, wenn Sie mit Ihren Vorschlägen an dieser Organisation teilnehmen.

Brücke: Der Generalkonsul ist nach unserer Sicht sehr distanziert bezüglich rechtliche Informationszufluss an die türkischen Staatsbürger. Zum Beispiel konnten Sie die türkische Gesellschaft in Österreich bei der Doppel Staatsbürgerschaft nicht genug vertreten und auch nicht unterstützen.

Des Weiteren können die türkischen Staatsbürger seit kurzem die medizinischen Leistungen, außer im Notfall, in der Türkei nicht in Anspruch nehmen. Zu diesem Thema haben wir auch keine klare Information bekommen.

In Österreich haben immer mehr türkische Staatsbürger Probleme bei der Verlängerung ihre Aufenthaltserlaubnisse. Es herrscht unter die Gesellschaft eine Informationschaos, weil bisher von dem türkischen Konsulat keine Information kam.

Für all die Genannte Themen, sollte der Konsulat die türkische Gesellschaft informieren oder nicht?

Ümit Yardim: Ja sehr wohl beschäftigen wir uns mit genannten Themen. Wir organisieren in den meisten Fällen eine Infoveranstaltung und Seminare. Zum Beispiel hatten wir in den letzten Tagen ein Seminar bezüglich das Thema Visum für Studenten und Ausländerrecht. Wir durften uns über die viele Anzahl an Teilnehmer freuen.

Wenn eine Infoveranstaltung gefordert wird, werden wir sehr wohl dies auch organisieren und durchführen.

Wir bedanken uns bei Herrn Botschafter Ümit Yildirim nochmals für sein Engagement und für Beantwortung unserer Fragen.

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