Politik

Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 6. November 2023. Von MATTHIAS KRAPF. „Das Notwendige tun“.

Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 6. November 2023. Von MATTHIAS KRAPF. „Das Notwendige tun“.

Innsbruck (OTS) Bei Großprojekten die Kosten im Griff haben – das ist eine Kunst, an der die öffentliche Hand regelmäßig scheitert. Ihr vorzuwerfen, sie kann es halt einfach nicht, greift aber dennoch zu kurz.

Beim Bauen kann es schnell teuer werden. Das gilt für private Kleinvorhaben wie den Carport fürs Reihenhäuschen und für Millionenprojekte erst recht.
Wenn das Kostenfiasko Patscherkofelbahn zur Sprache kommt, läuft den meisten Innsbruckern je nach Veranlagung noch immer entweder ein kalter Schauer über den Rücken – oder der Blutdruck steigt kräftig an. Auch Projekte wie der nicht nur kostenseitig aus dem Ruder laufende MCI-Neubau oder gar der Brennerbasistunnel sind nicht geeignet, aufmerksame Steuerzahlerinnen und -zahler in Sicherheit zu wiegen. Man muss keine Brille aus dem Fachgeschäft für neoliberales Wirtschaftsverständnis aufhaben, um resignier­t festhalten zu wollen: Die öffentliche Hand kann es einfach nicht! Punkt.
Ein solches Urteil greift aus zwei Gründen zu kurz. Zum einen – das ist schnell abgehandelt – stellen Bund, Länder und Kommunen bei einer Vielzahl von Projekten unter Beweis, dass sie Projekte durchaus kosteneffizient realisieren können. In so mancher Bürgermeisterrede anlässlich der Eröffnung eines neuen Trakts im Altenheim wird stolz auf die Einhaltung des Kostenrahmens hingewiesen. Zu Recht. Zum anderen – und hier wird es passenderweise etwas komplizierter – zeichnen sich öffentliche Großprojekte durch ein besonderes, um nicht zu sagen: ein Übermaß an Komplexität aus.
Etwas Großes auf die Beine zu stellen, ist schon in sich schwierig, da geht es der öffentlichen Hand gleich wie der Privatwirtschaft. Mit dem kleinen ironischen Unterschied, dass die Politik die in vielen Bereichen überschießende Regulierung selbst verantwortet. Komplex ist aber auch die Projektstruktur. Wenn etwa Land Tirol, Stadt Innsbruck und Wirtschaftskammer an einem Konzept werkeln, dann ist großes Ringen und Gezerre angesagt. Jede Gebietskörperschaft verfolgt qua Auftrag ihre Interessen, jede Politikerin und jeder Kammervertreter ist den Wählern und Mitgliedern verpflichtet. Das verlang­samt im besten Fall nur den Projektfortschritt, was sich in der Regel kostentreibend auswirkt. Manchmal landen gute Konzepte in der Schublade. Häufig kommt jedoch das erfolgreichste Produkt aus politischer Fertigung heraus: der faule Kompromiss.
Damit vernünftige und finanzierbare Projekte entstehen, müssen die politisch Verantwortlichen auf Basis seriöser Konzepte und solider Zahlen aus Überzeugung entscheiden und nicht mit Blick auf die nächsten Wahlen, die sie zuweilen nicht einmal unmittelbar betreffen. Irgendeine Wahl steht irgendwo schließlich immer an. Es gilt, das Notwendige zu tun. Und nicht das Opportune. Heißt konkret: umsetzen, was leistbar und zugleich auch sinnvoll ist.

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