EXTRA AUSGABE

Tiroler Integrationsenquete thematisiert neue Formen der Beteiligung

Enquete unter dem Titel „Hören und gehört werden – Demokratie und Teilhabe in der Krise“

Aktive Auseinandersetzung mit Demokratie und Partizipation durch Gemeinsamkeiten im Fokus 

Seit Jahren befindet sich die Welt in unterschiedlichen Krisen, die unser Zusammenleben beeinflussen und eine Verunsicherung in der Bevölkerung zur Folge haben. Gerade für benachteiligte Gruppen sind Krisenzeiten eine besondere Herausforderung. Die berechtigte Forderung nach Zugehörigkeit und Teilhabe wird von anderen Themen verdrängt und verliert in der gesellschaftlichen Debatte an Bedeutung. Im Rahmen der mittlerweile 13. Integrationsenquete, die gestern, Donnerstag, im Landhaus stattgefunden hat, wurden alternative Lösungsansätze diskutiert, um mit neuen Formen der Beteiligung mehr Zugehörigkeit zu erreichen. Unter anderem mit dem Ergebnis: Demokratie funktioniert nur dann, wenn sich die Menschen aktiv damit auseinandersetzen. Die 13. Integrationsenquete wurde von Land Tirol, der Stadt Innsbruck, dem Haus der Begegnung der Diözese Innsbruck sowie dem Tiroler Integrationsforum organisiert. Insgesamt 100 ExpertInnen, politische VertreterInnen und weitere Interessierte haben daran teilgenommen.

„Es ist gerade in der heutigen Zeit essentiell, alle bisherigen Möglichkeiten für eine gelungene Integration voll und ganz auszuschöpfen und darüber hinaus auch neue Wege zu gehen. Sei es durch noch mehr Sprachförderungen, vereinfachte Zugänge zum Arbeitsmarkt oder die Einbindung in das gesellschaftliche Leben durch freiwillige Tätigkeiten“, so Integrationsreferent LHStv Georg Dornauer, der weiter ausführt: „Zugewanderte erhalten bei ihrer Ankunft in Tirol viele neue Chancen. Man muss sich gegenseitig mit Offenheit und Empathie begegnen, damit diesen neuen Chancen nichts im Wege steht. Natürlich handelt es sich dabei um einen dynamischen und komplexen Prozess, den es zu durchlaufen gilt. Ich bin jedoch überzeugt davon und setze mich dafür ein, dass mit vielen kleinen Schritten und dem notwendigen Zusammenhalt vieles erreicht werden kann.“

„Die Frage, wie man allen Bürgerinnen und Bürger, die in einer Stadt und einem Land leben, soziale und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen kann, ist zentral für ein gutes Zusammenleben. Es ist jedenfalls wichtig und sollte unser aller Ziel sein, dass Personen, sei es mit oder ohne Wahlrecht, eine politische und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht wird. Besonders wenn man bedenkt, dass viele Menschen, die in Österreich in systemerhaltenden Berufen tätig sind, nicht wahlberechtigt sind, sollten wir uns stärker dafür einsetzen, dass auch diese Menschen gesamtgesellschaftlich mehr eingebunden werden“, betont die für Integration zuständige Innsbrucker Stadträtin Elisabeth Mayr.

Mit neuen Formen der Beteiligung zu mehr Zugehörigkeit 

Die Demokratie- und Kriegsforscherin Daniela Ingruber ging einleitend der Frage nach, was überhaupt unter Demokratie zu verstehen ist. Die verschiedenen Zugänge und Erwartungen von Demokratie wurden diskutiert. Zudem wurde von Ingruber aufgezeigt, was es für eine funktionierende Demokratie benötigt. Demokratie dürfe nämlich nicht als „Selbstbedienungsladen“ verstanden werden, von dem man nur „nimmt“ und nichts „gibt“, so Ingruber. Mit den Vorteilen und Rechten würden auch Pflichten einhergehen, die wahrgenommen werden müssen. Damit eine Demokratie bestehen könne, müsse man sich mit ihr auseinandersetzen und aktiv werden. Der größte Feind einer Demokratie und auch der Freiheit sei die Gewohnheit und damit einhergehende Passivität, stellt Ingruber klar.

Anschließend gab Naika Foroutan, Professorin für Integrationsforschung und Gesellschaftspolitik am Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung einen aktuellen Einblick der Teilhabe in der postmigrantischen Gesellschaft. In diesem Zusammenhang betonte Foroutan, dass sich jedes Land, jeder Bezirk und jede Gemeinde in einem stetigen Wandel befinde – ein Land höre nicht auf, das jeweilige Land zu sein, nur weil es sich verändere. Wenn diese Tatsache begriffen werde, können Ängste gegen die (immer dagewesene) Zuwanderung abgebaut werden, betonte die Referentin im Rahmen der Enquete.

Partizipation durch Gemeinsamkeiten

Die „Partizipationswerkstatt“ am Nachmittag diente einem Erfahrungsaustausch zwischen den Teilnehmenden und den eingeladenen ExpertInnen. Die Diskussionen zu Partizipation und Teilhabe brachte viele alternative Modelle und Ideen hervor. Es wurde festgestellt, dass bereits durch eine einzige Gemeinsamkeit ein „Wir“ entstehen kann. Durch dieses „Wir“ können demokratische Prozesse stattfinden. Demokratie ist ein Gut, mit dem man sich laufend beschäftigen und auseinandersetzen kann und muss.

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