Politik

Neues Buch „Transit Istanbul – Palästina“ beleuchtet Rolle der Türkei für jüdische Flucht während des Zweiten Weltkriegs

Neues Buch „Transit Istanbul – Palästina“ beleuchtet Rolle der Türkei für jüdische Flucht während des Zweiten Weltkriegs

Buchpräsentation auf Einladung von Nationalratspräsident Sobotka im Palais Epstein

Wien (PK) Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka lud gestern Abend zur Präsentation des Buchs „Transit Istanbul – Palästina: Juden auf der Flucht aus Südosteuropa“ in das Palais Epstein. Der Autor Reiner Möckelmann erzählt darin bewegende Fluchtgeschichten während des Zweiten Weltkriegs. In einer Zeit, in der fast alle anderen Fluchtmöglichkeiten für Jüdinnen und Juden verschlossen waren, wurde Istanbul zu einem entscheidenden Transitpunkt für Tausende Verfolgte. Der Abend war insbesondere dem Andenken des Wiener Journalisten und Holocaustüberlebenden Karl Pfeifer gewidmet, der den ersten Anstoß zur Entstehung des Buchs gegeben hatte. Seine Flucht aus Budapest gelang mit einem Kinder- und Jugendtransport, der über Istanbul auf dem Landweg nach Palästina führte.

Sobotka widmet Abend dem Andenken von Karl Pfeifer

In seinen Eröffnungsworten erinnerte Wolfgang Sobotka, Präsident des Nationalrats, an das lebenslange Engagement von Karl Pfeifer im Kampf gegen den Antisemitismus und Rechtsextremismus. An der Entstehung des Buchs von Reiner Möckelmann, das heute Abend präsentiert werde, habe er einen wesentlichen Anteil gehabt. Leider sei es ihm nicht mehr vergönnt gewesen, seine Fertigstellung zu erleben. „Transit Istanbul – Palästina“ befasse sich mit geschichtlichen Ereignissen, die ein zentraler Teil von Pfeifers Lebensgeschichte waren. In diesem Lebensabschnitt sei auch die Grundlage für seine lebensbestimmenden Prinzipien und seinen Kampf um Gerechtigkeit gelegt worden, der nicht immer die gebührende Anerkennung gefunden habe, erinnerte Sobotka. Pfeifer sei aber bereit gewesen, für seine Überzeugungen auch Nachteile in Kauf zu nehmen. Der Simon-Wiesenthal-Preis des österreichischen Parlaments, den Pfeifer 2021 als einer der Ersten erhalten hat, solle genau das Engagement im Kampf gegen den Antisemitismus ehren, welches Pfeifer sein Leben lang an den Tag gelegt habe.

Sobotka sprach in diesem Zusammenhang auch die aktuelle Nahost-Krise und die in ihrem Gefolge sich zeigende Welle des Antisemitismus an, die auch in Österreich große Sorge unter der jüdischen Bevölkerung auslöse. Hier sei die gesamte österreichische Gesellschaft gefordert, um den Jüdinnen und Juden in Österreich die Furcht zu nehmen, meinte der Nationalratspräsident. Österreich müsse angesichts der Bedrohungen klar Stellung für Israel beziehen und den Terror der Hamas und anderer Gruppen, deren Programm die Zerstörung des Staates Israel ist, sowie ihre staatlichen Unterstützer, klar verurteilen.

Buch fördert neue Aspekte der jüdischen Flucht aus Südosteuropa zutage

Der Autor Reiner Möckelmann berichtete, dass seine diplomatische Tätigkeit in der Türkei zu seiner Bekanntschaft und in weiterer Folge Freundschaft mit Karl Pfeifer geführt habe. Pfeifer habe auch angeregt, gemeinsam die Geschichte der Kinder- und Jugendtransporte aus Südosteuropa zu recherchieren und in einem Buch darzustellen, und seine präzisen Erinnerungen hätte seine Arbeit wesentlich befördert. Im Zuge der Recherchen habe sich herausgestellt, dass trotz vieler Bemühungen letztlich nur drei Kinder- und Jugendtransporte über Istanbul tatsächlich zustande kamen. Daher habe er das Projekt auf die Rolle der Türkei als Transitland für jüdische Flüchtlinge während des Zweiten Weltkriegs insgesamt ausgeweitet. Das archivalische Material habe gezeigt, dass die jüdische Auswanderung nach Palästina vor allem über ein weitgehend klandestines, informelles Netzwerk in Istanbul organisiert worden sei. Dabei hätten neben jüdischen Organisationen und Freiwilligen auch Vertreter der katholischen Kirche eine wichtige Rolle gespielt. Wenig bekannt sei heute etwa der immense Beitrag des vatikanischen Vertreters in Istanbul in jenen Jahren, Angelo Roncalli, dem späteren Papst Johannes XXIII.

Persönliche Erinnerungen an Karl Pfeifer

Nach einer Lesung der Schauspielerin Martina Ebm aus dem Buch von Reiner Möckelmann interviewte Hannah Lessing, Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, Dagmar Pfeifer, die Witwe von Karl Pfeifer, sowie Robert Schild, einen langjährigen Freund Karl Pfeifers aus Istanbul. Dagmar Pfeifer berichtete, dass die besonderen Umstände der Flucht seiner Familie, ihren Mann ein Leben lang beschäftigt hätten. Die Erinnerung an die tragischen Entscheidungen, mit denen die Organisator:innen bei der Zusammenstellung der Transporte konfrontiert waren, wenn es darum ging, welche Kinder und Jugendliche mitreisen konnten, habe ihn nie losgelassen.

Beide sprachen von der tiefen Verbindung, die Pfeifer mit Israel hatte, und dem er, auch wenn er die politischen Entwicklungen kritisch mitverfolgt habe, zutiefst verbunden geblieben sei. Schild beschrieb Pfeifers Haltung mit den Worten: „Man spuckt nicht in den Brunnen, aus dem man einmal getrunken hat“. (Schluss) sox

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie im Webportal des Parlaments.

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