Justizausschuss: Einstimmigkeit für verschärfte Strafen für Kindesmissbrauchsdarstellungen
Kinderschutzpakete der SPÖ und der FPÖ vertagt
Wien (PK) – Für verschärfte Strafbestimmungen zu „bildlichem sexualbezogenen Kindesmissbrauchsmaterial“ oder ebensolcher Darstellungen minderjähriger Personen hat sich der Justizausschuss heute einstimmig für eine Regierungsvorlage der Justizministerin ausgesprochen. Die vorgeschlagenen Änderungen im Strafgesetzbuch umfassen neben der Neubezeichnung des Tatbestands (der bisher auf „Pornographische Darstellungen Minderjähriger“ lautet) auch eine Erhöhung der Strafrahmen sowie die Einführung höherer Strafdrohungen in Bezug auf „viele“ Abbildungen oder Darstellungen, was laut Erläuterungen einem Richtwert ab ca. 30 Tatobjekten entspricht. Anträge der SPÖ und der FPÖ für erweiterte Maßnahmen zum Kinderschutz wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.
Höhere Strafen für Kindesmissbrauchsmaterial
Differenziert wird in der Regierungsvorlage zum Kindesmissbrauchsmaterial beim Ausmaß der Strafrahmen zwischen Besitz bzw. wissentlichem Zugriff im Internet gegenüber einer Herstellung und Weitergabe solcher Materialien (2208 d.B.). Bei Letzterem droht in definierten Fällen eine Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren. Im Fall des Besitzes von „vielen“ Abbildungen oder bildlichen Darstellungen Minderjähriger ist ein Strafrahmen bis zu drei bzw. in jenen Fällen bis zu fünf Jahren vorgesehen, in denen es sich dabei auch oder ausschließlich um viele Abbildungen oder Darstellungen einer unmündigen Person handelt, also laut Justizministerin Alma Zadić für den Fall, dass die Tat besonders junge Kinder betrifft.
„Kein Kind darf Opfer werden“, betonte die Justizministerin, dass der Schutz von Kindern vor Missbrauch und Gewalt für alle oberste Priorität habe. Das vorgelegte Kinderschutzpaket der Bundesregierung bestehe aus drei Säulen. Neben vorbeugenden Schutzmaßnahmen und verstärktem Opferschutz würde heute im Justizausschuss der Justizteil behandelt. Es sei unerlässlich, dass das Unrecht einer solchen Tat zur Geltung komme und dessen Stellenwert in der Gesellschaft mit erhöhten Strafrahmen gezeigt werde, betonte Zadić. Erweitert worden sei auch der Anwendungsbereich des Tätigkeitsverbots in Bereichen mit Kindern. Es betreffe künftig alle und nicht nur diejenigen Täter:innen, die mit Kindern gearbeitet haben. An Prävention werde es verpflichtende Kinderschutzkonzepte in Schulen sowie ein Qualitätssiegel etwa für Freizeitvereine geben, die ein Kinderschutzkonzept erarbeiten.
Selma Yildirim (SPÖ) sprach sich für das Paket aus, wiewohl es aus ihrer Sicht bundesweit mehr Maßnahmen zum Kinderschutz brauche, damit es zu möglichst keinem Missbrauchsfall mehr komme. Sie wies dazu auf die Forderungen des SPÖ-Antrags hin, sprach sich aber für die Regierungsvorlage zur Verdeutlichung des Unrechtsgehalts und im Sinne einer Generalprävention aus. Zum sogenannten „Sexting“, wo Jugendliche untereinander Sexbilder produzieren, brauche es aus ihrer Sicht aber noch eine klare Trennung. Mit ihrem Antrag (3566/A(E)) forderte die SPÖ ein umfassendes Bundes-Kinderschutzgesetz und eine Reihe an zusätzlichen Maßnahmen. Dazu zählen unter anderem im Bereich Prävention und Sensibilisierung verpflichtende Kinderschutzkonzepte für alle Institutionen, Vereine und Einrichtungen, die mit Kindern arbeiten, sowie für den gesamten elementarpädagogischen Bereich.
Auch die FPÖ werde der Regierungsvorlage zustimmen, wiewohl man sich noch härtere Strafen gewünscht hätte, so Harald Stefan (FPÖ). Die FPÖ fordert mit ihrem Antrag (3605/A(E)) etwa ein lebenslanges Tätigkeitsverbot für Kindermissbrauchstäter überall dort, wo sie mit Minderjährigen und allen anderen schutzbedürftigen Personengruppen zu tun haben könnten. Außerdem brauche es unter anderem eine drastische Verschärfung der Mindest- und Höchststrafen bis hin zu lebenslanger Haft und einen lebenslangen Strafregistereintrag.
Agnes Sirkka Prammer (Grüne) wies ihrerseits auf ergänzende Maßnahmen aus dem Kinderschutzpaket der Bundesregierung wie etwa verpflichtende Kinderschutzkonzepte in Schulen bzw. die Zertifizierung von Freizeitvereinen hin. Dadurch müssten sich Vereine tatsächlich mit den Konzepten befassen – eine reine Verpflichtung wäre dort aus ihrer Sicht nicht ausreichend, meinte sie gegenüber der SPÖ. Mit der Erhöhung der Strafrahmen für Täter:innen werde jedenfalls der Unwert abgebildet, den die Gesellschaft solchen Taten beimisst. Johanna Jachs (ÖVP) zufolge sind die Verurteilungen und Anzeigen in diesem Bereich in den letzten zehn Jahren massiv gestiegen. Umso wichtiger sei es, die Strafverschärfungen heute zu beschließen. Auch für die Ausweitung des Tätigkeitsverbots wie es jetzt erfolge sei es höchst an der Zeit. Eine Forderung der FPÖ nach einem Verbot von Kindersexpuppen würde das Ministerium derzeit gerade prüfen.
Johannes Margreiter (NEOS) schloss sich Yildirim an, dass man Probleme schon viel früher und über das Strafrecht hinaus angehen müsse – im Sinne von Prävention, wie Nikolaus Scherak (NEOS) ausführte. Das Kinderschutzpaket sei ein erster Schritt in diese Richtung und werde von den NEOS begrüßt. In der Regierungsvorlage heute werde der Unrechtsgehalt der Taten widergespiegelt und damit ein Wertungswiderspruch aufgelöst, so Scherak. Die Verschärfung des Tätigkeitsverbots sei ein wesentlicher Punkt, meinte Margreiter. Allerdings widersprach er der FPÖ insofern, dass aus seiner Sicht Straftäter:innen auch die Möglichkeit einer Resozialisierung bleiben müsse. Beim „Sexting“ sieht er noch legistischen Handlungsbedarf für den Fall, wenn Jugendliche untereinander „nur Blödsinn machen“.
Justizministerin Zadić erläuterte, dass zusätzlich auch andere Ansätze – etwa für eine raschere Strafverfolgung im Internet – gewählt würden. Es mache einen gewaltigen Unterschied im Sinn der Abschreckung, wenn Daten rasch ausgewertet werden können und es rascher zur Anklage komme. Was „Sexting“ betrifft werde es einen Erlass geben, um klarzustellen, dass in solchen Fällen von einer Strafverfolgung Jugendlicher abzusehen sei.
Annahmeerklärung für Beitritte Tunesiens und der Philippinen zu zivilrechtlichem Kindesentführung-Übereinkommen
Einstimmigkeit gab es im Justizausschuss auch für die Erklärung der Republik Österreich zur Annahme der Beitritte Tunesiens und der Philippinen zum „Haager Übereinkommen“ über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (2135 d.B.). Das multinationale Abkommen hat eine Erleichterung der Zusammenarbeit in Fällen internationaler Kindesentführungen zum Ziel. Durch die Abgabe der österreichischen Annahmeerklärung wird das Übereinkommen auch zwischen Österreich und Tunesien sowie zwischen Österreich und den Philippinen anwendbar, wie Justizministerin Zadić erläuterte.
Ausgaben für COVID-19-Maßnahmen in der Justiz
Einhellig nahmen die Abgeordneten weiters die Berichte des Justizministeriums von November 2022 bis August 2023 über die Mittel für COVID-19-Maßnahmen in der Justiz zur Kenntnis (November 2022 (III-831 d.B.), Dezember 2022 (III-857 d.B.), Jänner 2023 (III-885 d.B.), Februar 2023 (III-902 d.B.), März 2023 (III-931 d.B.), April 2023 (III-945 d.B.), Mai 2023 (III-960 d.B.), Juni 2023 (III-986 d.B.), Juli 2023 (III-999 d.B.), August 2023 (III-1020 d.B.)).
Den Berichten zufolge wurden für das Ressort im Jahr 2023 für Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 wie auch im Vorjahr insgesamt 4,5 Mio. € budgetiert. Davon sind im Bereich des Straf- und Maßnahmenvollzugs 1,8 Mio. € und im Bereich der Gerichte und Staatsanwaltschaften 2,7 Mio. € vorgesehen. Wie bereits in den Vorjahren betreffen die Mittel im Justizbereich auch im Jahr 2023 vor allem die Beschaffung von Schutzausrüstung und die Durchführung bzw. Anschaffung von Tests, wie Justizministerin Zadić ausführte. Im Jahr 2023 erfolgten bis Ende August noch keine zentralen Beschaffungen. Die Auszahlungen betrugen von Jänner bis August 2023 in Summe 246.446,82 €. Von Jänner bis Dezember 2022 wurden in Summe 1.980.305,28 € ausgezahlt. Auf Rückfragen von Harald Stefan (FPÖ) und Corinna Scharzenberger (ÖVP) erörterte ein Experte des Ministeriums, dass es an Schutzmaterialien nur einen begrenzten Rückhalt in geringem Ausmaß für den Krisenfall gebe. Vom budgetierten Betrag würde im Jahr 2023 voraussichtlich 4 Mio. € an Restsumme verbleiben. (Fortsetzung Justizausschuss) mbu
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