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Hören Sie mich, Herr Lehrer/Frau Lehrerin?

Hat der digitale Fernunterricht tatsächlich einen positiven Effekt auf die Bildung? Einige Vorschläge an Eltern in Bezug auf das Thema Fernunterricht

Vermutlich war dies der Satz, den Schüler*innen während der Pandemiezeit am häufigsten gesagt oder gehört haben. „Hören Sie mich?“, „Sehen Sie mich?“, „Ich habe meinen Bildschirm geteilt, sehen Sie mich?“, gehören zu den Aussagen, die Bestandteil unseres täglichen Lebens geworden sind. 

Es kann gesagt werden, dass der Begriff „online sein“ in den Mittelpunkt unseres Alltags gerückt ist. Im letzten Semester unterrichteten Lehrer*innen ihre Schüler*innen auf verschiedenen digitalen Lehrplattformen. Sie genossen einerseits die Vorteile dieser Plattformen, waren aber auch mit ihren Schwierigkeiten und Nachteilen konfrontiert. Es konnte festgestellt werden, dass wieder durch schärfere Maßnahmen unsere Situation eine ähnliche ist, wie in den ersten Tagen der Pandemie. Viele Bildungseinrichtungen sind aufgrund von Covid19 mit der Gefahr konfrontiert, geschlossen zu werden. In manchen Gebieten haben Schulen und Universitäten bereits auf Fernunterricht umgestellt. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass auch der diesjährige Lehrbetrieb überall auf Fernunterricht umgestellt wird. 

Fest steht, dass diesbezüglich jeder im Vergleich zum letzten Schul- und Studienjahr erfahrener wurde. Jedoch brachte der Fernunterricht neben all den gemachten Erfahrungen auch eine Vielzahl von Komplikationen mit sich. Viele Eltern finden den Fernunterricht nicht sinnvoll.

Wenn man in die Geschichte zurückblickt, sieht man, dass das Lehrmodell des Fernunterrichts eine Art der Lehre ist, die eine lange Vergangenheit hat: es begann im 19. Jahrhundert mit den Kompositionsaufgaben, die per Brief übermittelt wurden und im Laufe der Zeit entwickelte sich der Fernunterricht dank der Technologie und der Digitalisierung weiter, bis daraus der Unterricht auf digitalen E-Learning-Plattformen entstanden ist. Dass der Unterricht auf digitalen Lehrplattformen bis zum heutigen Tag nicht besonders gefragt war, ist eine Tatsache, die nicht zu verleugnen ist. Unser Bildungssystem ist ein System, das für Technologie und für Neuerungen offen ist, aber bis heute dienten technische Geräte an Schulen hauptsächlich der Unterhaltung und der Motivation der Schüler*innen und sie haben sich plötzlich zu Mitteln zur Vermittlung der Lehre entwickelt. Daher fällt es den Familien, den Schüler*innen und auch den Lehrenden schwer, sich an diese Umstellung zu gewöhnen, die noch zusätzlich durch den Umstand erschwert wird, dass der lange Aufenthalt in den eigenen vier Wänden eine Anspannung in den Menschen auslöst. Aus diesem Grund und da diese Art der Lehre noch nicht vollständig ausgereift ist, treten während des Unterrichtes unterschiedliche Probleme auf.

Die mit dem Fernunterricht entstehenden Probleme können wir in vier verschiedene Kategorien aufteilen: begrenzte Rückmeldungen und der Mangel an Unterstützung, die Einsamkeit, die Disziplin und die Technologie. 

Ein wesentlicher Unterschied zu dem Unterricht in den Klassenzimmern ist, dass bei dem Fernunterricht die Möglichkeit der sofortigen Rückmeldung der Schüler*innen begrenzt ist. Falls für Schüler*innen ein Verständnisproblem auftritt, ist die Tatsache, dass der Lehrende in weiter Ferne ist, der Grund, warum der darauf aufbauende Lehrstoff von der Schülerin/vom Schüler nicht vollständig verstanden werden kann. Außerdem ist, anders als im Unterricht, in den Klassenzimmern auch nicht immer möglich, dass der Lehrende gleich eine Rückmeldung gibt. Weiters kann es vorkommen, dass der Lehrende aufgrund des Fernunterrichts die Schwächen der Schüler*innen nicht sofort bemerkt und sie den Schüler*innen nicht gleich mitteilen kann. Während also bei einem im Klassenzimmer stattfindenden Unterricht der Lehrer unter normalen Umständen die Schwächen der Schülerin/des Schülers durch einen Satz oder durch das Aufzeigen der Schülerin/des Schülers erkennt, ist diese Möglichkeit bei einem online stattfindenden Fernunterricht begrenzt. 

Außerdem ist es auch wichtig, dass man auch den positiven Effekt erwähnt, den die Schüler*innen im Verhältnis zueinander haben, wenn der Unterricht im Klassenzimmer stattfindet. Die unter den Schüler*innen geknüpften Kontakte können hilfreich dafür sein, dass sie einander auf den Unterricht motivieren und sie kann auch dazu beitragen, dass die Schüler*innen viel voneinander lernen. Bei dem Lehrmodell des Fernunterrichts hingegen fehlen die Möglichkeiten, daher nimmt das Gefühl der Einsamkeit gravierende Ausmaße an, was die Psyche der Kinder belastet. 

Ein weiteres Thema ist die Disziplin. Da die Schülerin/der Schüler sich zu Hause befindet, kann dies dazu führen, dass für das Kind eine Ferienstimmung herrscht. Das könnte zur Konsequenz haben, dass die Schülerin/der Schüler seine Hausaufgaben vernachlässigt und keinen geordneten Tagesablauf mehr hat. Zu den am häufigsten auftretenden Problemen gehören weiters Komplikationen technischer Art. Immer wieder kann es vorkommen, dass die Ton-, Bild- oder Verbindungsqualität nicht wie gewünscht ist. Die auftretenden technischen Probleme können den Lehrprozess auf eine negative Weise beeinträchtigen. 

Doch all diese Probleme bedeuten nicht, dass der digitale Fernunterricht keine positive Wirkung auf die Lehrqualität hat. Auch im Fernunterricht sind (wenn auch begrenzt) Aktivitäten während des Unterrichts möglich, auch wenn dies nicht die Effektivität hat, wie der Unterricht im Klassenzimmer. Falls kein Unterricht mit digitaler Übertragung stattfindet, sondern nur in gewissen zeitlichen Abständen Aufgaben gegeben werden, dann die Abgabe durch die Schülerin/den Schüler abgewartet wird und in weiterer Folge dem Schüler/der Schülerin eine Note vergeben wird, kann dies nicht sehr effektiv und lehrreich für Schüler*innen sein. Der Grund dafür ist, dass dem Schüler/der Schülerin der unterstützende Effekt fehlt, den er vom Lehrenden als Coach erhalten würde. 

Weiters kann der Umstand, dass übermäßig viel Zeit mit technischen Geräten verbracht wird, viele Nachteile mit sich bringen. Beispielsweise kann die soziale Entwicklung der Kinder negativ beeinflusst werden, die Kommunikation innerhalb der Familie kann abnehmen. Des Weiteren besteht die Gefahr, dass dadurch in den Kindern das Gefühl der Einsamkeit entsteht. 

Diesbezüglich haben Eltern natürlich eine Reihe von Verpflichtungen, denen sie nachkommen sollten. Zuallererst muss beachtet werden, dass dies nur eine vorübergehende Situation ist, ferner darf nicht vergessen werden, dass die Gesundheit das Hauptthema ist und an erster Stelle steht. Falls die Sorgen sehr groß sind, können Sie mit der ganzen Familie diesen auf den Grund gehen, beispielsweise könnten körperlichen Aktivitäten dabei helfen, dass für die gewünschte Entspannung gesorgt wird. Danach können Sie Ihr Kind darüber aufklären, warum die Pandemiezeit hauptsächlich zu Hause verbracht wird und ihm erläutern, dass der Unterricht dennoch fortgeführt wird und die schulische Ausbildung weiterhin ernst genommen werden muss. 

Des Weiteren ist es sehr wichtig, dass die strukturierten Tagesabläufe weiterhin aufrechterhalten werden. Auf Routinen sollte daher geachtet und diese sollten beibehalten werden. Darunter fallen beispielsweise feste Essens- und Schlafenszeiten, und auch die Zeiteinteilung unter der Woche und am Wochenende. Falls nämlich Routinen nicht beibehalten werden, kann dies dazu führen, kann für das Kind eine Ferienstimmung entstehen und es würde dem Kind schwerfallen, aus dieser wieder heraus zu kommen. Außerdem können die in der Schule geltenden Pausenzeiten auch zu Hause angewendet werden. Auf diese Weise kann ein Tagesplan erarbeitet werden. Sie können am Ende jedes Tages Ihr Kind belohnen, falls es sich an das festgelegte Programm gehalten hat. So können Sie die Motivation Ihres Kindes immer aufrechterhalten. Ferner können verschiedene Aktivitäten in den Pausen dafür sorgen, dass das Kind nach der Pause wieder motiviert am Unterricht teilnimmt, beispielsweise durch körperliche Aktivitäten und Tänze, durch kleine Spiele, die gespielt werden oder indem sie Gespräche mit Ihrem Kind führen. 

Damit die Schülerin/der Schüler auch zu Hause effektiv arbeiten kann, ist ein geordnetes und ablenkungsfreies Arbeitsumfeld erforderlich. Außer Büchern, Heften und technischen Geräten, die für den Unterricht notwendig sind, sollten keine weiteren technischen Geräte erlaubt werden. Seien Sie ein Vorbild, wenn es um die Verwendung von diesen geht. Es wäre beispielsweise nicht wirksam, wenn Sie viele Stunden vor dem Fernseher verbringen, aber von Ihrem Kind erwarten, dass es ein Buch liest. 

Das Wichtigste dabei ist, dass Sie Ihrem Kind die nötige Zeit dafür geben, falls es Schwierigkeiten hat, sich an diese Routinen zu gewöhnen. Fragen Sie nach seinen Bedürfnissen und versuchen Sie diese zu decken, soweit dies möglich ist. Je mehr Sie in die Bildung und die Persönlichkeitsentwicklung Ihres Kindes investieren, desto bessere Individuen ziehen Sie damit groß. Vergessen Sie nicht, dass Sie die zukünftigen Eltern, Ärzt*innen, Ingenieur*innen, Lehrer*innen und Künstler*innen großziehen. Weil „Kinder sind lebendige Nachrichten, die in eine Zeit geschickt werden, die wir nicht sehen.“ 

Meltem Arslan Autorin

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