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Erschrecken Sie Kinder nicht vor Katastrophen!

Die in den letzten Wochen häufig vorgekommenen Überschwemmungen und Brandkatastrophen haben den direkten Opfern, den Zeugen der Ereignisse und der Gesellschaft, die den Ereignissen durch Medien folgen konnten, schwere Traumata zugefügt. Erwachsene sollten Kinder und Jugendliche nicht mit Katastrophen wie Brand und Überschwemmung erschrecken, um sie dazu zu bringen, gehorsam zu sein.

Barış Tuncer
Spezialist für Kinderschutz- und betreuung

Naturkatastrophen haben schwerwiegende negative psychische Auswirkungen auf Kinder. Nach größeren Katastrophen kann es zu einer posttraumatischen Belastungsstörung kommen. Für Personen, die ihr Trauma nicht überwinden können, können die Auswirkungen ihrer negativen Erfahrungen zu ernsteren Problemen werden.

Kinder sind verletzbarer

Von traumatischen Ereignissen sind am stärksten Kinder und Jugendliche betroffen. Sie sind in Bezug auf Traumata stärker benachteiligt, weil sie verletzbarer als Erwachsene sind und ihnen die notwendigen Lebenserfahrungen, um solche Erfahrungen bewältigen zu können, fehlen. Die Reaktion von Kindern auf Traumata ist anders als die von Erwachsenen.

Aggressivität, Appetitlosigkeit, Verwirrtheit

Traumata können bei Säuglingen und Kleinkindern (0-3 Jahre) Entwicklungsprobleme verursachen. Unter den beobachteten Reaktionen können Regressionsverhalten wie Verwirrtheit, Ängstlichkeit, Bettnässen und Sprachprobleme auftreten. Sie können nicht von ihren Eltern fernbleiben, haben Schlafprobleme oder auch Albträume. Es kann zu übermäßigen Weinen, Schreien, Schüchternheit im Umgang mit Menschen, Vertrauensproblemen, unkontrollierbarer Aggressivität, Appetitlosigkeit und Verdauungsproblemen kommen. Bei Kindern kann zudem das Nachspielen der Trauma-Situationen beobachtet werden.

Die Verwechslung von Fantasie mit Realität

Die meisten posttraumatischen Stressreaktionen bei Kindern im Alter von 0-3 Jahren können auch bei Vorschulkindern im Alter von 4-6 Jahren beobachtet werden. Bettnässen, Daumenlutschen, das nicht mögliche Fernbleiben von den Eltern, die Verwechslung von Fantasie mit Realität, plötzliche Aufregung, Vermeidungsverhalten, Introvertiertheit, Schuldgefühle, Albträume, Nachtangst, zwanghafte Wiederholung typischer Verhaltensweisen, Aufmerksamkeitsprobleme, ängstliche Stimmung, Angst vor Tieren und Angst vor Fremden.

Es ist sehr nachteilig, Kinder zu erschrecken

Eines der wichtigsten Mittel der Selbstdarstellung für Kinder im Vorschulalter sind Spiele. Sie spiegeln ihre positiven oder negativen Erfahrungen und Emotionen direkt in ihren Spielen wider und nutzen dies als eine Art Ausdrucksmittel. Es ist möglich, die traumabezogenen Wahrnehmungen und Gefühle von Kindern in ihren Spielen zu beobachten. In dieser Zeit denken Kinder aus altersbezogenen egozentrischen Gründen vielleicht, dass sie für die Katastrophen und traumatische Ereignisse verantwortlich sind. Das Kind glaubt vielleicht, dass dieser Vorfall passiert ist, weil es sich schlecht benommen hat und nicht auf seine Eltern gehört hat. Es ist daher sehr nachteilig, den Kindern Dinge zu sagen, wie „Wenn du dich schlecht benimmst, dann wird unser Haus auch brennen“ oder „unser Haus wird überflutet”.

Die schulische Leistung wird beeinträchtigt

Posttraumatische Stressreaktionen führen den positiven Entwicklungsprozess von Kindern im Schulalter (7-12 Jahre) in die gegenteilige Richtung und sind die Ursache für Fehlanpassungen.  Kinder im schulpflichtigen Alter können zu Vorschulverhalten zurückgeführt werden. Der Erfolg des Kindes kann abnehmen, es möchte vielleicht nicht zur Schule gehen. Es kann auch Verhaltensprobleme in der Schule zeigen. Dazu gehören Rebellion, Aggressivität und eine zu hohe Gesprächsfreudigkeit. Auch repetitives Verhalten, Angst vor Naturereignissen wie Regen, Wind oder Blitz oder Aufmerksamkeits- und Sprachproblemen können beobachtet werden. Jungs können sich mehr für Waffen und Kriegsspiele interessieren und können Schmerzen in ihrem Körper empfinden.

Traumata können Jugendliche zum Alkoholkonsum verleiten

Stressreaktionen können zu schwerwiegenden negativen Konsequenzen führen, die bei Jugendlichen (13-18 Jahre) beobachtet werden können. Schlafprobleme sei es zu viel oder zu wenig Schlaf, Appetitlosigkeit oder übermäßiges Essen, Übelkeit, Herzklopfen, schnelleres Weinen, Neigung zu Alkohol und/oder Drogen, Schuldgefühle und Hilflosigkeit, Wutausbrüche, Albträume, Konflikte mit den Eltern und auch Schulprobleme können häufiger vorkommen. Diebstahl oder Aggressivität, übermäßige Aufregung und Ruhelosigkeit, Beziehungsunfähigkeit, Introvertiertheit und Halluzinationen können ebenfalls zu den entsprechenden Konsequenzen gezählt werden. Darüber hinaus gehören negative Zukunftseinstellungen, mangelndes Interesse an alltäglichen Aktivitäten und sogar Suizidversuche leider auch zu den Situationen, die nach Traumata bei Jugendlichen beobachtet werden können.

10 Hinweise für Eltern

Ein Trauma bedroht die physisch-psychologische Existenz und Integrität des Individuums und stört das psychische und soziale Gleichgewicht. Sie kann die Lebensqualität einer Person erheblich einschränken und kann sogar eine langfristige psychologische Behandlung erforderlich machen.

  • Sprechen Sie mit Kindern über Naturkatastrophen (Brand, Überschwemmung, Erdbeben) ihrem Alter und Entwicklungsstand entsprechen und bleiben Sie dabei ehrlich. Verwenden Sie keine falschen Aussagen wie „Es wird kein Brand oder keine Flut mehr geben“.
  • Erklären Sie dem Kind, dass Katastrophen vorübergehend sind. Seien Sie ruhig und lassen Sie die Kinder wissen, dass Sie als Erwachsene immer da sein werden, damit die Kinder sich sicher fühlen. Bitte leugnen Sie dabei jedoch nicht die Ernsthaftigkeit der Lage.
  • Geben Sie Ihrem Kind die Möglichkeit, seine Gefühle und Gedanken zu diesem Thema auszudrücken. Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, das Geschehene in seinen eigenen Worten und Sätzen auszudrücken.
  • Für manche Kinder gehört das Erzählen von Ereignissen zum Heilungsprozess. Hören Sie ihm aufmerksam zu, spielen Sie Spiele, die dem Entwicklungsstand des Kindes entsprechen, malen Sie gemeinsam und erzählen Sie Ihrem Kind Geschichten und Märchen.

  • Beurteilen Sie nicht die Gefühle, die Ihr Kind Ihnen erzählt, sondern versuchen Sie zu erklären, dass das, was es fühlt, natürlich ist.
  • Erhöhen Sie Ihren Körperkontakt. Umarmen Sie Ihr Kind und zeigen Sie Ihre Liebe, indem Sie die körperlichen Grenzen und Bedürfnisse Ihres Kindes respektieren.

  • Kinder nehmen die Erwachsenen um sie herum als Vorbild. Seien Sie sich daher Ihrer eigenen Gefühle, Gedanken und Verhaltensweisen bewusst und versuchen Sie, ruhig und optimistisch zu bleiben. Wenn Sie in dieser Hinsicht Schwierigkeiten haben, suchen Sie professionelle Unterstützung.
  • Lassen Sie Kinder keine Nachrichten und Sendungen über Katastrophen sehen, die häufig in den Medien behandelt werden. Achten Sie genau darauf, was Sie neben Ihrem Kind sagen. Kinder bekommen viel mehr mit und verstehen viel mehr als gedacht.

  • Versuchen Sie, das übliche Alltagsleben zu Hause aufrechtzuerhalten. Stellen Sie sicher, dass alle Familienmitglieder zusammen sind. Sorgen sie dafür, dass das Kind so schnell wie möglich in einen geregelten und geplanten Alltag einsteigt.
  • Geben Sie Ihrem Kind altersgerechte Aufgaben, um dem Kind dabei zu helfen, den Trauma-Prozess zu bewältigen. Dadurch wird der Zusammenhalt innerhalb der Familie gestärkt und das Kind fühlt sich sicher.

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