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„Digitalisierung beeinträchtigt die Qualität der familiären Beziehungen“

Wir sprachen mit der klinischen Psychologin Bengi Bekar über den Einfluss der heutigen Alltagsangewohnheiten auf Familien und insbesondere auf die Beziehung der Ehepartner. Bengi Bekar meint, dass das Verbringen von Zeit im digitalen Umfeld zu Konflikten zwischen Ehepartnern führt.

Im Rahmen der Vorkehrungen, die aufgrund des Coronavirus getroffen wurden, wurden Schulen, Arbeitsplätze, Restaurants, Kaffees und Freizeitzentren geschlossen. Diese Situation bringt mit sich Sorgen bezüglich der Ungewissheit, Hoffnungslosigkeit in Bezug auf die Zukunft und auch finanzielle Probleme mit sich. Die klinische Psychologin Bengi Bekar teilt wie andere Experten, mit denen wir uns zu diesem Thema beraten haben uns mit, dass die soziale Isolation und die zunehmende Zeit, die wir nun zu Hause verbringen, dazu führen, dass das Interesse an digitalen Medien gestiegen ist. Die Psychologin Bekar spricht über die negativen Auswirkungen von digitalen Spielen und online Glücksspielen und erklärt: „Die Isolation der Personen von den Familienmitgliedern und die meiste Zeit im digitalen Umfeld zu verbringen, verringert die Qualität der Beziehungen.“ Mit der klinischen Psychologin Bengi Bekar haben wir über die Auswirkungen von Abhängigkeiten der neuen Generation auf Familie, Ehe und soziale Beziehungen gesprochen.

„FAMILIEN SOLLTEN BEREIT SEIN, UM ZUZUHÖREN“

Die klinische Psychologin Bengi Bekar teilt uns mit, dass sich durch die Umstände der Pandemie der Austausch und die gemeinsamen Aktivitäten zwischen den Familienmitgliedern verringert und sich die Konflikte vermehrt haben. Zudem erhöhten sich die Ausgaben für Wett- und Glücksspiele, die auch zu finanziellen Problemen für die entsprechenden Familien führen kann. Bengi Bekar, die die Wichtigkeit des Schutzes von Kindern vor ähnlichen oder gleichen Angewohnheiten betont, unterstreicht auch, dass hierbei die Eltern eine große Verantwortung tragen, und setzt seine Worte wie folgt fort: „In solchen Situationen ist es sehr wichtig, dass vor allem Familien bereit dazu sind, ihren Kindern zuzuhören und eine offene und vertrauenswürdige Kommunikationsbasis für ihre Familie zu schaffen. Sie sollten in der Lage sein, über die Webseiten, die das Kind besucht, die Spiele, die das Kind oder der Jugendliche spielt und über die Charaktere und deren Eigenschaften in den Spielen offen und klar, ohne dabei pragmatisch zu wirken, sich zu unterhalten. Wenn wir in Betracht ziehen, dass heutzutage vor allem während der Zeit der Pandemie der Einsatz von Technologie unerlässlich ist und für die Kontinuität der Bildung von wesentlicher Bedeutung ist, wissen wir auch, dass es nicht möglich ist, uns von der Technik vollständig zu entfernen. Stattdessen ist es sehr wichtig, dass Familien über den gesunden Gebrauch von technischen Geräten informiert werden und ihre Kinder dementsprechend beim Umgang mit Technik begleiten.“

Das Spielen von Onlinespielen bzw. online Glücksspiele eines Partners in der Ehe und die damit einhergehenden finanziellen Verluste können zu Konflikten führen

„UNTERSTÜTZUNG SOLLTE NACH BEDÜRFTIGKEIT STATTFINDEN“

„Es sollte nicht vergessen werden, dass Familie das erste Vorbild für das Kind ist.“, erklärt Bengi Bekar und betont, dass der Umgang mit Technik der Eltern im Einklang, so dass es die Kinder nachahmen können, stehen sollten. Bekar meint auch, dass für die Bewältigung von negativen Gefühlen und für die Lösung von Problemen andere Möglichkeiten anstatt der Nutzung von technischen Geräten für Kinder bereitgestellt werden sollten und fügt hinzu: Sollten Kinder sich trotz aller Bemühungen negative Angewohnheiten im Umgang mit Technik angeeignet haben, so gibt es immer noch für die Eltern viele Möglichkeiten für die Lösung dieser Probleme. Es wird allerdings nicht einfach sein, solche Angewohnheiten auf einmal loszuwerden. Es sollten vor allem die Faktoren, die auf den negativen Umgang mit Technik von Kindern führen, detailliert betrachtet werden. Es sollte ein Weg entsprechend den Bedürfnissen des Kindes festgelegt werden und bei Bedarf sollte auch Unterstützung von einem Psychologen oder einem Psychiater aufgesucht werden. Wenn der problematische Gebrauch in Bezug auf Schlafangewohnheit oder Ernährungsgewohnheit Probleme verursachen, sollten diese auf jeden Fall angegangen und die notwendigen Vorkehrungen getroffen werden.“

„Das Distanzieren von Familienmitgliedern und mit Onlinespiele und online Glücksspiele mehr Unterhaltung und Vergnügen zu empfinden, kann zu Qualitätsverlusten in der Beziehung führen.“

„EHEN WERDEN NEGATIV BEEINFLUSST“

Die klinische Psychologin Bengi Bekar teilt uns mit, dass es eine Tatsache ist, dass Ehepaare aufgrund der Pandemie nun mehr Zeit gemeinsam zu Hause verbringen, „Während diese Situation manche Paare positiv beeinflusst, hat es bei anderen Paaren eine negative Auswirkung. Dieser Prozess variiert entsprechend den vorliegenden Dynamiken im Ehesystem. Konflikte können eskalieren, wenn einer der Partner zu oft Online- oder Glücksspiele, die auch zu finanziellen Verlusten führt, spielt. Das Distanzieren von Familienmitgliedern und mit Onlinespiele und online Glücksspiele mehr Unterhaltung und Vergnügen zu empfinden, kann zu Qualitätsverlusten in der Beziehung führen. Zudem beobachten wir auch eine soziale Rollenverwirrung bei Paaren, die von zu Hause aus arbeiten. Die Verpflichtung, einige Aufgaben, die zuvor zu Hause nicht übernommen wurden, zu erfüllen müssen, kann ebenfalls Konflikte verursachen. Diese Gegebenheit kann zur Scheidung der Partner führen oder es kann dazu kommen, dass die Paare sich gegenseitig nicht mehr dulden können. Zudem kann man bei einigen Paaren sagen, dass eine Person, die abhängig ist und deren Partner auch in Bezug auf Abhängigkeit gefährdet ist, mit größerer Wahrscheinlichkeit in Spiele/ Glücksspiele verwickelt werden kann.“

„ONLINESPIELE BESTIMMEN DEN ALLTAG DER JUGENDLICHEN“

Bengi Bekar betont, dass heutzutage Onlinespiele als eine Alternative für soziale Netzwerke und ein weiteres Mittel zur Onlinekommunikation von vielen Personen gesehen werden und fügt hinzu: „Digitale Spiele bestimmen vor allem den Alltag von Kindern und Jugendlichen. Es wird beobachtet, dass sie über Spiele neue Freundschaften knüpfen und ihre Kommunikation auch über diese Spiele pflegen. Man kann sagen, dass somit die Beziehung zwischen den Personen, die das gleiche Spiel spielen, wirksam gestärkt wird. Allerdings kann das Isolieren einer bestimmten Person im Haushalt und das Richten der geistigen Energien hauptsächlich auf Onlinespiele und das erschwerte Wegkommen von den jeweiligen Onlinespielen dazu führen, dass in bestehende Familienbeziehungen weniger investiert wird und dass diese Beziehungen somit Schäden erfahren.“ Bengi Bekar betont, dass die Meinungen und Ansichten ihrer Altersgenossen für ein Kind/ einen Jugendlichen sehr wichtig sind und kommt zu dem Schluss: „Jugendliche möchten von Gleichaltrigen akzeptiert, gemocht und anerkannt werden. Es kann von großer Bedeutung für den Jugendlichen sein, mit ihm über die Negativität problematischer Spiele/ Glücksspiele zu sprechen und zum Ausdruck zu bringen, dass es möglich ist, sie loszuwerden, Möglichkeiten zu schaffen gemeinsam miteinander Zeit zu verbringen, ihnen das Gefühl zu geben immer bereit zu sein ihnen zuzuhören und zu betonen, dass man bei Problem sie unterstützten wird.“

„Man kann bei einigen Paaren sagen, dass eine Person, die abhängig ist und deren Partner auch in Bezug auf Abhängigkeit gefährdet ist, mit größerer Wahrscheinlichkeit in Spiele/ Glücksspiele verwickelt werden kann.“

WER IST DIE KLINISCHE PSYCHOLOGIN BENGI BEKAR?

Die klinische Psychologin Bengi Bekar absolvierte ihr Psychologiestudium an der Arel- Universität im Jahr 2015. Ihr Masterstudium schloss sie an der Hasan Kalyoncu Gazikent Universität im Fachbereich der klinischen Psychologie mit einer Masterarbeit über „Computerspiel-Abhängigkeit bei Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom und Hyperaktivität“ im Jahr 2018 ab. Im Jahr 2019 schloss sie ihre theoretische Ausbildung und ihre Supervision im Bereich „Kognitive Verhaltenstherapie bei Kindern und Jugendlichen“ ab. Sie erhielt mehrere Fortbildungen über psychometrische Tests bei Kindern und führt diese derzeit immer noch aktiv aus. Sie nahm freiwillig an vielen Studien, die von „Yeşilay“ eine türkische Organisation für verschiedene Abhängigkeiten zur Spielsucht durchgeführt wurden, teil. Seit dem Jahr 2018 arbeitet sie mit Kindern und Jugendlichen in der Psychotherapieeinrichtung „Güneş Çocuk“.

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