Politik

Bundesrat gibt grünes Licht für höhere Zuwendungen für jüdische Gemeinden

Bundesrat gibt grünes Licht für höhere Zuwendungen für jüdische Gemeinden

Kein Veto der Länderkammer für neue Regelung zur Aberkennung von Ehrenzeichen

Wien (PK) Der Bundesrat gab heute seine Zustimmung für die Novelle zum Österreichisch-Jüdischen Kulturerbegesetz, das eine Erhöhung der Mittel zur Bewahrung des österreichisch-jüdischen Kulturerbes beinhaltet. Mehrheitlich nahmen die Bundesrät:innen das neue Ehrenzeichengesetz an, welches die Aberkennung von Ehrenzeichen ermöglicht. Angenommen wurden auch eine kleine Wahlrechtsnovelle, eine Gesetzesänderung zur Anrechnung von Vordienstzeiten im Bundesdienst sowie die Erklärung der Republik Österreich zur Annahme der Beitritte Tunesiens und der Philippinen zum „Haager Übereinkommen“ über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung.

Höhere Zuwendungen für jüdische Gemeinden

Einstimmig passierte eine Novelle zum Österreichisch-Jüdischen Kulturerbegesetz den Bundesrat. Um das jüdische Gemeindeleben in Österreich zu unterstützen und das österreichisch-jüdische Kulturerbe bewahren zu helfen, leistet der Bund der israelitischen Religionsgemeinschaft seit 2020 eine jährliche Sonderzahlung von 4 Mio. €. Nun werden die zur Verfügung gestellten Mittel – rückwirkend mit heurigem Jahr – auf 7 Mio. € aufgestockt und deren Verwendungsmöglichkeiten erweitert.

Die Unterstützung jüdischen Gemeindelebens habe verschärfte Aktualität, Brisanz und Notwendigkeit, sagte Matthias Zauner (ÖVP/N). Die Erhöhung der Mittel trage dazu bei, das jüdische Leben in Österreich sicher zu machen und das Gedenken in den Vordergrund zu stellen.

Die Prämisse „Niemals wieder“ müsse mit Leben erfüllt werden, „wir stellen uns gegen jede Form des Antisemitismus“, sagte Korinna Schumann (SPÖ/W). Es brauche Zusammenhalt statt Spaltung und „echte Schritte gegen Antisemitismus“.

Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N) sagte, es sei fraglich ob eine Erhöhung der Mittel für die jüdische Sicherheit nicht besser bei der Polizei aufgehoben wäre. Die Mittelaufstockung, welche mit dieser Novelle beschlossen werde, betreffe aber nicht nur die Sicherheit, sondern auch die Jugendarbeit, dies würde die FPÖ gerne unterstützen. Er betonte, dass durch das Schreckliche was derzeit passiere, es bei vielen in Österreich, in Europa und darüber hinaus, zu einem massiven Umdenken im Hinblick auf unkontrollierte Zuwanderung komme. Weiters betonte Spanring: „Wenn in Österreich Menschen mit Hamas-Flaggen auf die Straße gehen, um den Terroranschlag zu feiern und um Israel-Fahnen zu verbrennen, wissen wir, dass diese Menschen mit unserem Menschenbild und Werten hier in Österreich und Europa nichts gemeinsam haben“. Dagegen gehöre mit der vollen Härte des Gesetzes vorgegangen. Wenn Menschen friedlich mit Palästina-Fahnen für die Rechte der Palästinenser protestieren und unschuldigen Zivilisten gedenken, sei dies zu akzeptieren, so Spanring. Das gemeinsame Ziel müsse sein, sich für Friedensverhandlungen und Waffenruhe einzusetzen.

Marco Schreuder (Grüne/W) sagte, dass Frieden natürlich das sei, was „wir uns wünschen“, es gehe hier aber nicht darum, dass ein Staat gegen einen anderen kämpfe, sondern es gehe um Judenhass. Viele wurden zu Judenhass erzogen, daher sei es lohnenswert Antisemitismus zu bekämpfen. In Österreich gebe es jedoch nicht nur „importierten Antisemitismus“, es müsse uns bewusst sein, dass Antisemitismus auch in Österreich leider eine lange Geschichte habe und ein weitverbreitetes Phänomen sei, so Schreuder. In Österreich leben rund 10.000 Jüd:innen und „wir wollen nicht, dass sie ihre jüdischen Symbole verstecken müssen“.

Sie habe es nicht für möglich gehalten, dass es in Europa und Österreich wieder Szenen geben würde, die an die dunkelsten Kapitel der Geschichte erinnern, sagte Bundesministerin Karoline Edtstadler. Im Ministerrat wurde heute daher eine Reform und Verschärfung des Verbotsgesetzes beschlossen. Es sei notwendig Antisemitismus in all seinen Erscheinungsformen zu bekämpfen. „Niemals wieder ist genau jetzt“, sagte Edtstadler. Es sei jetzt die Zeit Zivilcourage zu beweisen. Wir erleben derzeit einen massiven Anstieg des Antisemitismus, besonders auch in sozialen Medien im Internet. Österreich müsse ein sicherer Ort für Jüd:innen bleiben. Jetzt sei es an der Zeit hinauszugehen und den Menschen zu sagen, dass jeder mitverantwortlich sei, dass wir in Frieden leben können, so Edtstadler.

Aberkennung von Ehrenzeichen

Mehrheitlich im Bundesrat angenommen wurde das neue Ehrenzeichengesetz mit dem genau geregelt wird, unter welchen Voraussetzungen eine verliehene Auszeichnung widerrufen bzw. aberkannt werden kann. Dazu gehören etwa gerichtliche Verurteilungen wegen vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen gegen Leib und Leben oder die sexuelle Integrität, vorsätzlich begangene Straftaten gegen verfassungsmäßige Einrichtungen Österreichs, Verstöße gegen das Verbotsgesetz oder eine seinerzeit führende Rolle in einer nationalsozialistischen Organisation. Zudem wird ausdrücklich auch die posthume Aberkennung eines Ehrenzeichens ermöglicht. Ein im Bundeskanzleramt eingerichteter Ehrenzeichenbeirat soll Empfehlungen abgeben. Betroffen sind nicht nur Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich und das Bundes-Ehrenzeichen, sondern auch das Österreichische Ehrenzeichen und das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst.

Markus Leinfellner (FPÖ/St) sprach sich gegen die posthume Aberkennung von Ehrenzeichen aus denn es sei fraglich, wie man in der Gegenwart beurteilen wolle, wer sich in der Vergangenheit ein Ehrenzeichen verdient habe oder nicht. Mit Aberkennungen von Ehrenzeichen werde Geschichtsverfälschung betrieben und versucht Geschichte auszuradieren, so Leinfellner.

Sie sei erschüttert über diesen Realitätsverlust, denn es gehe nicht darum etwas auszuradieren, sagte Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S). Träger:innen von Ehrenzeichen seien Vorbilder und Aushängeschilder und haben Verantwortung der Gesellschaft gegenüber. Daher sei es gut und richtig, dass es die Möglichkeit gebe, Ehrenzeichen abzuerkennen.

Bei der Verleihung von Ehrenzeichen gehe es um die politische Idee besondere Menschen und ihre Leistungen zu würdigen, sagte Manfred Mertel (SPÖ/K). Es sei wichtig, dass motivierte Menschen Anerkennung bekommen.

Es gehe nicht darum, die Geschichte zu verändern, sondern um die Frage ob man jemand ehrt oder nicht, sagte Marco Schreuder (Grüne/W). Es habe eine Kontinuität von Karrieren gegeben, die von NS-Karrieren nahtlos in „Republikskarrieren“ übergegangen seien. Heute müsse man über diese Karrieren anders reden, aber auch nicht leichtfertig damit umgehen.

Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) legte dar, dass es mit diesem Beschluss zu einer Neukodifikation des Ehrenzeichenrechts komme, inhaltlich passiere nicht viel, denn die Möglichkeit der Aberkennung von Ehrenzeichen sei grundsätzlich in der österreichischen Rechtsordnung nichts Neues. Das neue Gesetz trage dazu bei, dass die Tatbestände für eine Aberkennung eines Ehrenzeichens schärfer gefasst werden. Dagegen könne seiner Meinung nach eigentlich niemand etwas haben, er könne sich daher die Ablehnung der FPÖ nicht erklären, meinte Arlamovsky.

Bundesministerin Karoline Edtstadler sagte, dass diese legistisch herausfordernde Gesetzesänderung zustande gekommen sei, weil dieses Thema von den NEOS aufgegriffen worden war. Der geänderte Umgang mit Geschichte sei wichtig, es gehe nicht darum die Geschichte umzuschreiben, sondern anders mit ihr umzugehen. Dieses Gesetz sei wichtig, weil sich die Republik mit diesem Gesetz von Personen distanzieren könne, die es im Nachhinein nicht mehr würdig waren Ehrenzeichen zu tragen. Der verantwortungsvolle Umgang mit Geschichte sei niemals so wesentlich gewesen, wie er es jetzt ist, so Edtstadler.

In der Wahlzelle zugeklebtes Wahlkuvert bewirkt nicht automatisch eine ungültige Stimme

Einstimmig angenommen wurde die Novellierung der Nationalrats-Wahlordnung und weiterer Wahlgesetze, die mit der bereits Anfang dieses Jahres verabschiedeten größeren Wahlrechtsreform in Zusammenhang stehen. Analog zu den Bestimmungen betreffend die Briefwahl wurde nun festgelegt, dass auch bei der Urnenwahl ein zugeklebtes Wahlkuvert nicht automatisch eine ungültige Stimme bewirkt. Eine Beschriftung oder sonstige Markierung des Kuverts bleiben allerdings verboten.

Anrechnung von Vordienstzeiten im Bundesdienst

Mehrheitlich angenommen wurde eine Novellierung des Gehaltsgesetzes und begleitende Änderungen im Vertragsbedienstetengesetz, welche erarbeitet wurde, weil der EuGH auch die 2019 erfolgte Reparatur der gesetzlichen Bestimmungen zur Anrechnung von Vordienstzeiten im Bundesdienst als altersdiskriminierend beanstandet hat. Nun sollen alle potentiell betroffenen Bediensteten rückwirkend neu eingestuft werden, wobei es insbesondere bei der Anerkennung sogenannter „sonstiger Zeiten“ – also Ausbildungs- und Berufszeiten ohne unmittelbaren Zusammenhang mit der späteren Tätigkeit im öffentlichen Dienst – zu Änderungen kommt. Sie werden nur noch zu 42,86 % – statt wie bisher zur Hälfte – für die Gehaltseinstufung angerechnet, im Gegenzug entfällt der bisherige „Pauschalabzug“ von vier Jahren. Somit wird den Erläuterungen zufolge eine große Mehrheit der betroffenen Bediensteten profitieren, wobei für Neueinsteiger:innen mittlerweile bereits andere Regelungen gelten. Die 42,46 % hätten sich als „ausgewogener Kompromiss zwischen den sozialpolitischen Zielsetzungen und den haushaltsrechtlich vorgeschriebenen Erwägungen“ herauskristallisiert, wird der gewählte Prozentsatz begründet.

Beitritte Tunesiens und der Philippinen zu zivilrechtlichem Kindesentführung-Übereinkommen

Einstimmig angenommen wurde die Erklärung der Republik Österreich zur Annahme der Beitritte Tunesiens und der Philippinen zum „Haager Übereinkommen“ über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung. Das multinationale Abkommen hat eine Erleichterung der Zusammenarbeit in Fällen internationaler Kindesentführungen zum Ziel. Durch die Abgabe der österreichischen Annahmeerklärung wird das Übereinkommen auch zwischen Österreich und Tunesien sowie zwischen Österreich und den Philippinen anwendbar.(Fortsetzung Bundesrat) bea/keg

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

Rückfragen & Kontakt:

Pressedienst der Parlamentsdirektion
Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272
pressedienst@parlament.gv.at
http://www.parlament.gv.at
www.facebook.com/OeParl
www.twitter.com/oeparl

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS | NPA0008

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"