Politik

Außenminister Schallenberg: Gegen Waffenruhe, für humanitäre Pausen im Gazastreifen

Außenminister Schallenberg: Gegen Waffenruhe, für humanitäre Pausen im Gazastreifen

Aktuelle Aussprache im Außenpolitischen Ausschuss von Krieg im Nahen Osten geprägt

Wien (PK) In der Aktuellen Aussprache, für die Außenminister Alexander Schallenberg heute in den Außenpolitischen Ausschuss gekommen war, stand die Situation im Nahen Osten im Mittelpunkt. Schallenberg unterstrich seine Haltung gegen eine Waffenruhe, befürwortete aber humanitäre Pausen, um Evakuierungen und Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu ermöglichen. Die Abgeordneten interessierten sich insbesondere für österreichische Hilfsgelder für die Region.

Themen abseits von Israel waren unter anderem der anhaltende Krieg Russlands gegen die Ukraine, die EU-Erweiterungspolitik, Schengen und die Situation im Sudan. Eine Verschiebung der anstehenden Wahlen in der Ukraine könne sich der Außenminister zwar vorstellen, allerdings nur mit konkretem Zeitplan. Als EU-Beitrittskandidat müsse das Land auch demokratische Wahlen durchführen, betonte er.

Nahost: Waffenruhe und Hilfsgelder dominieren Debatte

Der Außenminister unterstrich angesichts des Terrorangriffs der Hamas auf Israel einmal mehr die österreichische Haltung: Jeder Versuch der Relativierung müsse abgelehnt werden. Es gebe keine zwei Seiten und keine Äquivalenz zwischen einer pluralistischen Demokratie und einer gelisteten Terrororganisation. Daher sei auch klar gewesen, dass Österreich der in der UNO-Generalversammlung gefassten Resolution in dieser Form nicht zustimmen konnte, so Schallenberg. Denn darin seien weder die Hamas beim Namen genannt noch das Selbstverteidigungsrecht Israels erwähnt worden.

Auch seine Haltung zu einer Waffenruhe machte der Außenminister deutlich. Er trete – wie auch die EU und die G7-Staaten – gegen eine Waffenruhe ein, weil sich die Hamas ist dieser Zeit wieder sammeln könnte. Sehr wohl zu begrüßen seien aber die humanitären Pausen, die derzeit bereits stattfinden, um Geiseln aus dem Gazastreifen herauszuholen und Hilfsgüter liefern zu können. Es gelte, eine humanitäre Krise im Gazastreifen zu vermeiden. Deshalb stelle Österreich auch 2 Mio. € an Hilfsgeldern über die Austrian Development Agency (ADA) für die palästinensische Zivilbevölkerung zur Verfügung, so Schallenberg. Langfristig könne die Lösung nur in einer Zweistaatenlösung liegen, betonte er neuerlich.

Martin Engelberg (ÖVP) zeigte Unverständnis dafür, dass Israel dauernd ermahnt werde, auf die Zivilbevölkerung Rücksicht zu nehmen, als ob es das nicht schon täte. Jetzt einen Waffenstillstand zu verlangen, sei aus seiner Sicht unanständig. Die Hamas könnte dann ihre Strukturen wieder aufbauen. Selbstverständlich brauche es aber humanitäre Pausen. Was die Gelder der Entwicklungszusammenarbeit für Palästina betrifft, fand der Abgeordnete die vom Außenminister angeordnete Überprüfung notwendig. Es gebe nämlich Hinweise darauf, dass die Gelder über Suborganisationen direkt oder indirekt an die Hamas fließen.

Petra Bayr (SPÖ) fragte nach, wann diese Prüfung abgeschlossen sei. Aus ihrer Sicht handelt es sich um Gelder für Entwicklungsprojekte, die von den Hamas nicht zweckentfremdet werden können. Es sei daher wichtig, diese bald wieder aufzunehmen. Ihre Fraktionskollegin Muna Duzdar verstand nicht, warum die Prüfung so lange dauere. Er erwarte den Bericht in den nächsten Wochen, antwortete Schallenberg. Er möchte jedenfalls genau wissen, wo die Gelder hingehen, sagte er. In der Vergangenheit sei man manchmal etwas zu blauäugig gewesen. Von Michel Reimon (Grüne) nach der derzeit zurückgehaltenen Summe gefragt, bestätigte der Außenminister, dass es sich aktuell um eine einzige Zahlung von 250.000 € handle. Die Prüfung sei aber auch in die Zukunft gerichtet. Susanne Fürst (FPÖ) nahm auf die 2 Mio. € an neuen Hilfsgeldern Bezug, die zu unterstützen seien, wenn sie tatsächlich der Zivilbevölkerung zugutekommen. Die Abgeordnete wollte wissen, wie das kontrolliert werden könne. Das sei die größte Krux, so Schallenberg. Die Gelder würden an die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften gehen. Man müsse der Föderation vertrauen, dass sie vor Ort das Richtige damit mache.

Die Situation in den Nachbarstaaten Israels sprach Reinhold Lopatka (ÖVP) an. Er wollte wissen, ob Österreich auch mit Staaten wie Jordanien und dem Libanon in Kontakt stehe. Die Vermeidung eines Flächenbrandes im Nahen Osten habe oberste Priorität, sagte Schallenberg, weshalb er fast täglich Kontakt zu Vertreter:innen in der Region habe. In der arabischen Welt herrsche Pessimismus und Angst.

Peter Wurm (FPÖ) erkundigte sich nach den Doppelstaatsbürger:innen, die aus dem Gazastreifen befreit wurden. Ihn interessierte, um welche Doppelstaatsbürgerschaften es sich handelte, ob die Personen in Ägypten geblieben seien und ob eine Sicherheitsüberprüfung durchgeführt wurde. Die Staatsbürgerschaften müsste man von Fall zu Fall ansehen, sagte der Außenminister. Bedingung bei der Befreiung über Ägypten sei gewesen, dass die Personen das Land binnen 72 Stunden wieder verlassen. Außerdem habe eine dreifache Sicherheitsüberprüfung stattgefunden: durch Israel, Ägypten und Österreich. Eine Person sei aufgrund des fehlenden „Grünen Lichts“ von Israel weiterhin im Gazastreifen.

Den Anstieg von antisemitischen Vorfällen sowie von gegen arabische und muslimische Einrichtungen gerichteten Vorfällen thematisierte Faika El-Nagashi (Grüne). Mit der Nationalen Strategie gegen Antisemitismus sei Österreich zwar gut aufgestellt, meinte Schallenberg. Es sei dennoch erschreckend, was seit dem 7. Oktober wieder „aufgerissen“ worden sei. „Nie wieder ist jetzt“ müsse das Motto im weiteren Vorgehen sein.

Ukraine, EU-Erweiterung und Schengen weitere Themen

Dem „veritablen Feuerring“, der sich derzeit in Form von Konflikten in unterschiedlichen Regionen rund um Europa lege, müsse man einen „Ring der Stabilität“ entgegensetzen, zeigte sich Schallenberg überzeugt. Vor dem Hintergrund eines bevorstehenden zweiten harten Kriegswinters in der Ukraine gelte es daher, weiterhin Solidarität mit dem Land zu zeigen. Mit Blick auf die gestern von der Europäischen Kommission empfohlenen Beitrittsverhandlungen der Ukraine mit der Europäischen Union sagte Schallenberg, es gebe keine Überholspur in Richtung EU. Die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen sei keine Garantie für einen tatsächlichen Beitritt. Man müsse daher auf graduelle Integration von jenen Staaten setzen, die Teil der EU werden wollen. Das gelte insbesondere für die Länder des Westbalkans. Christoph Matznetter (SPÖ) und Susanne Fürst (FPÖ) hatten kritisch angemerkt, dass es den Anschein mache, dass die Kommission der Ukraine einen EU-Beitritt verspricht.

Helmut Brandstätter (NEOS) sprach das Thema Wahlen in der Ukraine an. Der russische Aggressor verhindere vorsätzlich jedes normale Leben in der Ukraine. Man müsse daher auch Verständnis dafür haben, dass im Moment keine Wahlen möglich seien. Der Außenminister meinte, er habe zwar Verständnis für eine Verschiebung, allerdings nicht „bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag“. Es brauche einen klaren Zeitplan. „Die Ukraine hat EU-Beitrittskandidatenstatus, da hat sie auch demokratische Wahlen durchzuführen“, sagte Schallenberg klar.

Von Axel Kassegger (FPÖ) nach einer Strategie für Gaslieferungen gefragt, wenn die Ukraine wie angekündigt den Durchleitungsvertrag für russisches Gas mit Ende 2024 nicht verlängert, verwies der Außenminister auf volle Gasspeicher und eine Diversifizierung der Gasquellen.

Den aktuellen Stand der österreichischen Haltung zum Schengen-Beitritt von Rumänien und Bulgarien machten Petra Bayr (SPÖ) und Helmut Brandstätter (NEOS) zum Thema. Bayr äußerte die Befürchtung, dass die beiden Länder Österreich in anderen Angelegenheiten blockieren würden, solange keine Klarheit herrsche. Brandstätter äußerte Unverständnis darüber, dass es zu keiner gemeinsamen Lösung komme. Schallenberg sprach sich klar für eine Erweiterung von Schengen aus, allerdings müsse das System dafür funktionieren, was derzeit nicht der Fall sei. Immerhin würden 40 % der Schengenstaaten Grenzkontrollen durchführen. Das Vermischen von Themen halte er für unzulässig, sagte Schallenberg vor dem Hintergrund eventueller Blockaden durch Rumänien und Bulgarien.

Die Grünen-Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic sprach die Situation im Sudan an, wo sich derzeit die Kämpfe verschärfen. Es handle sich um einen Konfliktherd, den man genau im Blick haben müsse, sagte der Außenminister. Er führte Unterstützung für die Bevölkerung im Land, etwa durch Mittel für das World Food Programme, an.

Mit Uganda thematisierte Henrike Brandstötter (NEOS) ein weiteres afrikanisches Land. Immer mehr Länder würden sich nach der dortigen Verabschiedung eines Anti-LGBTIQ-Gesetzes distanzieren. Auch Österreich müsse ihrer Meinung nach die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit in dem Land überdenken. Schallenberg meinte, die EU sei auch hier in der Vergangenheit zu blauäugig gewesen. (Fortsetzung Außenpolitischer Ausschuss) kar

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