Interview

Kurz: Integration braucht vor allem Kommunikation und Respekt.

Delice: Die Liste Kurz, also die „Neue Volkspartei“ soll gegenüber der „alten“ bzw. konservativeren ÖVP als auch als liberalere Bewegung verstanden werden. Wie über-mitteln Sie Ihre Message an die BürgerInnen von Österreich? Wie wollen Sie Österreich bewegen?

Kurz: Die Volkspartei hat sich organisatorisch, aber auch inhaltlich und im Stil weiterentwickelt. Die Öffnung der Partei für Nichtmitglieder ist ein Angebot an alle, die unsere Grundwerte teilen und etwas verändern wollen. Das ist zentral, denn wenn sich in Österreich etwas ändern soll, müssen wir zuerst die Politik verändern. Das bedeutet, Dinge so zu benennen, wie sie wirklich sind und Wahrheiten klar und deutlich auszusprechen. Es geht zudem darum, es nicht jedem und jeder Recht zu machen, sondern das Richtige und Notwendige für Österreich zu tun. In unserem Wahlprogramm zeigen wir daher konkreten Änderungsbedarf und Lösungsvorschläge auf. Der dritte Punkt ist, dass wir für einen neuen Stil in der Politik stehen. Ich bin der Meinung, dass Politik in der Vergangenheit zu negativ gestaltet wurde. Das hat sich nicht zuletzt darin gezeigt, dass ständig gestritten und blockiert wurde. An dieser Art des Politikmachens wollen wir uns nicht beteiligen, wir möchten FÜR Menschen Politik machen, sie mit Inhalten überzeugen und Angriffe nicht durch Gegenangriffe, sondern mit Argumenten erwidern. Wir konnten bislang viele interessante Persönlichkeiten für diesen neuen Ansatz gewinnen und es werden täglich mehr. Viele dieser neuen Köpfe kommen gerade nicht aus Kreisen der Volkspartei und eröffnen uns einen frischen Blick auf die Dinge. Darüber hinaus haben wir auf unseren Listen ein Reißverschlusssystem eingeführt, wodurch Männer und Frauen gleichmäßig vertreten sind.

Delice: Was bedeutet für Sie, gesamtgesellschaftlich gesehen, eine gute Integration? Wann können Sie behaupten, dass Personen mit Migrationshintergrund gut integriert sind?

Kurz: Wir als Volkspartei stützen uns auf unsere Grundsätze: Freiheit, Solidarität, soziale Durchlässigkeit und Leistungsorientierung. Österreich hat ein demokratisches und liberales Staatswesen mit Werten und Prinzipien, die nicht zur Diskussion stehen. Es ist notwendig, dass eine gesamtgesellschaftliche Integration all jener Menschen mit Migrationshintergrund gelingt, die sich rechtmäßig in Österreich aufhalten. Die Zugewanderten müssen sich aktiv an diesem Prozess beteiligen und dabei die angebotenen Maßnahmen wahrnehmen sowie die demokratisch – europäischen Grundwerte anerkennen und respektieren. Zu dieser Mitwirkungspflicht gehört die Teilnahme an Deutsch- und Wertekursen, bei einer Nicht-Teilnahme werden bundeseinheitliche Sanktionen verhängt – wie eine Kürzung der bedarfsorientierten Mindestsicherung oder des Arbeitslosengeldes. Hier braucht es ein Zusammenspiel von den verschiedensten staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren.

Delice: Oft hören wir ja in letzter Zeit verstärkt von der Integration von Flüchtlingen. Aber, wie sieht es mit Menschen aus, die nicht aufgrund von Krieg und Verfolgung hier Fuß fassen möchten – also Arbeitsmigranten, die seit den 60ern hierher migrieren? Wie stehen Sie zu diesem Thema? Finden Sie, dass dieser Migrationsgruppe vonseiten der Österreichischen Regierung genug Aufmerksamkeit gewidmet wird?

Kurz: Die Arbeitsmigration nach Österreich ist kein neues Phänomen. Unser Ziel ist es, die besten Köpfe nach Österreich zu holen, speziell in Bereichen, in denen wir selbst unseren Arbeitskräftebedarf nicht füllen können. So wurde beispielsweise 2011 die Rot-Weiß-Rot Karte eingeführt und auch erst 2013 weiterentwickelt. Dieses auf ein Jahr befristete Visum ist einerseits auf die Ausbildung des Bewerbers und andererseits auf die Bedürfnisse des heimischen Arbeitsmarkts abgestimmt und soll mehr Facharbeiter gezielt ins Land holen. 2013 wurden auch neue EU-Richtlinien umgesetzt: Antragsverfahren für Drittstaatsangehörige wurden vereinfacht und eine breitere Rechtsgrundlage für „reguläre“ Migrantinnen und Migranten geschaffen.

Delice: Sind Sie der Meinung, dass Religion bereits wieder eine große Rolle in der Politik spielt? Wenn ja, welche Meinung vertreten Sie hier? Vor allem in Verbindung mit dem Islam?

Kurz: Da es sich bei der Integration um eine breite Querschnittsmaterie handelt, findet es dementsprechend in unterschiedlichen Gesetzen Niederschlag. Ziel des Integrationsgesetzes war es nicht, alle integrationspolitisch – relevanten Bereiche abzudecken, sondern dort Regelungen zu schaffen, wo es bisher keine gab, also insbesondere im Bereich der Sprachvermittlung und der Vermittlung von Orientierungswissen, sowie bei den Symbolen einer Parallelgesellschaft. Integration beruht auf Interaktion und daher ist es von besonderer Bedeutung zwischenmenschliche Kommunikation für ein friedliches Zusammenleben sicherzustellen. Der Niqab und die Burka sind kein Ausdruck von Religiosität, sondern Symbole einer Gegengesellschaft und erschweren die Integration. Beim Umgang mit Burkas, etc. geht es darum, ob wir unsere eigenen Werte gegen die Auslegung durch Radikale schützen wollen, oder ob wir die Radikalen selbst schützen wollen.

Delice: Was möchten Sie unseren austrotürkischen MitbürgerInnen für die bevorstehende Wahl noch mit auf den Weg geben?

Kurz: Wir brauchen mehr Europa in den großen Herausforderungen, die ein einzelner Staat kaum alleine bewältigen kann, etwa beim Schutz der Außengrenze. Wir haben als Europa bereits einen sehr langen und beständigen Weg hinter uns, aber noch einen sehr fordernden Weg vor uns. Es gibt im Zusammenleben Werte, Regeln und Rahmenbedingungen, die für alle Gültigkeit haben, aber das bedeutet nicht, dass man vergessen muss, wo man herkommt. Integration braucht vor allem Kommunikation und Respekt. Wir wollen uns aktiv für ein gelingendes Miteinander einsetzen.

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"