Land und Volksgruppen stellen Weichen für „Haus der Volksgruppen“ in Oberwart
Weichenstellung für „Haus der Volksgruppen“ in Oberwart: Landeshauptmann Hans Peter Doskozil unterzeichnet „Letter of Intent“
Ein Meilenstein in der Volksgruppenpolitik des Burgenlandes wurde heute mit der gemeinsamen Unterzeichnung eines Letter of Intent besiegelt: Das Land Burgenland wird gemeinsam mit Vertretern aller Volksgruppenorganisationen ein „Haus der Volksgruppen“ im früheren Städtischen Internat von Oberwart errichten. Damit soll der Beitrag der Volksgruppen zur Identität, Geschichte und Gegenwart des Burgenlands gewürdigt und ein neues Kapitel in der Volksgruppenpolitik aufgeschlagen werden, betonte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. „Wir realisieren gemeinsam ein Jahrhundert-Projekt zum 100-jährigen Jubiläum des Burgenlands. Im Jubiläumsjahr haben wir das Miteinander in das Zentrum unserer Feierlichkeiten gestellt. Gleichzeitig haben wir in konstruktiven Gesprächen dieses wichtige Vorhaben vorbereitet, das jetzt in die Umsetzung gehen kann. Das ‚Haus der Volksgruppen‘ wird ein einzigartiger Ort der kulturellen Vielfalt und Begegnung sein.“ Neben der Ausrichtung von Veranstaltungen und Festen innerhalb und mit den Volksgruppen soll im neuen Zentrum verstärkt auf intensive Jugendarbeit und Integration gesetzt werden. „Dieses Haus wird einerseits koordinierende Stelle innerhalb der Volksgruppen sein, andererseits ist es nach außen ein sichtbares Zeichen der Wertschätzung und des Miteinanders. Daher wird es auch öffentlich zugänglich sein und Platz für Information, Schulungen, Workshops und Feste bieten“, so der Landeshauptmann.
Das Haus der Volksgruppen wird den Burgenländisch-Ungarischen Kulturverein, den Kroatischen Kulturverein im Burgenland, das Roma Service, das hkdc – Kroatisches Kultur- und Dokumentationszentrum, sowie die VHS der Roma und die VHS der Ungarn beheimaten. Durch die gemeinsame Örtlichkeit wird die Entstehung neuer Projekte erleichtert. Die Kosten des Umbaus belaufen sich laut derzeitigem Plan auf etwa 17 Millionen Euro, wovon der Projektanteil für das Volksgruppenhaus rund 5 Millionen Euro beträgt. Das Land wird das Projekt über die LIB vorfinanzieren und als Anschubfinanzierung 2 Millionen Euro der Jubiläumsgabe zu „100 Jahre Burgenland“ zur Verfügung stellen, die direkt in das Haus der Volksgruppen fließen. Zudem wird das Land die Volksgruppen bei den zur Refinanzierung erforderlichen Mietzahlungen finanziell unterstützen, ebenso bei der Administration und Organisation. Auch die Stadt Oberwart wird einen finanziellen Beitrag zu den Mietzahlungen leisten. Ein Teil des Objektes wird vom Bund genutzt.
Altes nutzen statt neu bauen
Um dieses Projekt zu realisieren, wird das Land das Gebäude von der Stadt Oberwart erwerben. Das in die Jahre gekommene Objekt des alten Internats soll im Sinne eines zukunftsweisenden, nachhaltigen Ansatzes adaptiert werden, Bodenversiegelung soll möglichst geringgehalten werden. Erhalten und sanieren, dort wo sinnvoll, lautet die Devise, ein Teil des Bestandes stellt sich als funktionell heraus. Das Gebäude, erbaut 1977 im stilprägenden Brutalismus dieser Zeit, ist mit dem Gästehaus Oberwart verbunden. Diese Symbiose bietet viele Vorteile. Mit der STEP Gästehäuser Burgenland GmbH findet sich eine starke Partnerin, die die übergeordnete Rolle der „Gastgeberin“ übernimmt, selbst den Speisesaal für SchülerInnen, Zimmer und Wohnungen betreibt und das Gebäude zudem für alle Interessierte öffnet. „Diese intensive und laufende Nutzung wird das Haus beleben, daher haben wir auch diesen Standort gewählt“, so Landeshauptmann und Kulturreferent Doskozil. Zudem rückt das Haus die Volksgruppen nicht nur symbolisch, sondern auch örtlich ins Zentrum der Stadt. Das freut auch die Stadtgemeinde Oberwart, die das Projekt durch unterschiedliche Maßnahmen und Beschlüsse unterstützt. „Durch dieses Gebäude wird gemeinsam mit dem neuen Krankenhaus Oberwart, den umliegenden Sportstätten, dem Ärztezentrum, den Lokalen und Betrieben, den bestehenden Schulen sowie der in Planung befindlichen neuen Volksschule ein eigenes Viertel entstehen, das eine enorme Bereicherung für Oberwart darstellt,“ so Bürgermeister Georg Rosner.
Auch Ludwig Frauer, Vertreter des Burgenländisch-Ungarischen Kulturvereins, sieht in der Verwirklichung des Volksgruppenhauses vor allem die Möglichkeit, intensiv im unmittelbaren Wirkungsbereich von Schulen zusammenzuarbeiten und durch die Positionierung gut in der Öffentlich wahrgenommen zu werden. Frauer: „Die Realisierung wertet unsere Arbeit auf und legt den Grundstein dazu, dass der Fortbestand unserer burgenländischen Vielfalt auch in den nächsten Jahren fortbesteht und sich entwickelt!“
Martin Ivancsics vom Kroatischen Kultur- und Dokumentationszentrum: „Es wird hier ein Jahrhundertprojekt geschaffen, das die identitätsgebende Rolle der burgenländischen Volksgruppen unterstreicht und gleichzeitig konkrete Vorteile für unsere Volksgruppenarbeit bringt. Dieses Projekt ist österreichweit einzigartig!“
Der Kroatische Kulturverein im Burgenland sieht das geplante Volksgruppenhaus als Zukunftschance für einen verstärkten Austausch zwischen den burgenländischen Volksgruppen, für die Intensivierung des Miteinanders mit allen BurgenländerInnen und für die Sichtbarmachung der sprachlichen und kulturellen Vielfalt des Landes Burgenland.
Josef Buranits, Vertreter des Kroatischen Kulturvereins im Burgenland, sagt: „Das Volksgruppenhaus soll ein Ort der Begegnung, des kulturellen Austausches sein und das friedliche Miteinander in Österreich und in Europa fördern.“
Emmerich Gärtner-Horvath, Beiratsvorsitzender der Volksgruppe der Roma, fasst zusammen: „Das Burgenland schafft hier ein Vorzeigeprojekt in Europa. Die autochthonen burgenländischen Volksgruppen haben so die Möglichkeit, gemeinsam Projekte zu entwickeln und zu präsentieren.“
Tragende Rolle der Volksgruppen stärken
Bereits im Zukunftsplan Burgenland hat sich die Landesregierung zum respektvollen Umgang mit diesem reichhaltigen, kulturellen Erbe bekannt und fördert aktiv die Volksgruppenkultur im Land. Die Aufrechterhaltung der Grundstrukturen sowie die Förderung der Mehrsprachigkeit ist dabei ebenso festgeschrieben wie die Unterstützung der Volksgruppenvereine und Brauchtumspflege. Nun wird mit dem „Haus der Volksgruppen“ die fruchtbare Weiterentwicklung des friedvollen Miteinanders auch in Zukunft gewährleistet.