Jagl: „Tageseltern werden ausgehungert“
Grüne NÖ kritisieren massive Benachteiligung und Einkommensverlust für Tageseltern
St. PÖlten (OTS) – “Es ist bedauerlich, dass die ÖVP bei der Erstellung der Förderrichtlinie “NÖ Tageselternbetreuungsbeitrag” anscheinend niemanden eingebunden hat, der den Berufsalltag von Tageseltern ausreichend kennt. Das Ergebnis ist eine Förderrichtlinie, die an den Anforderungen dieses Berufsalltags vorbeigehen. Die Tageseltern in Niederösterreich werden mit dieser Förderrichtlinie ausgehungert” sagt Simone Jagl, Bundesrätin der Grünen aus Niederösterreich und selbst langjährige Tagesmutter aus Biedermannsdorf.
Seit September 2023 ist die Betreuung von Kindern in Tagesbetreuungseinrichtungen vormittags gratis; das Land NÖ fördert diese. Im ersten Schwung der sogenannten Betreuungsoffensive hat das Land NÖ auf eine Berufsgruppe komplett vergessen, nämlich auf die rund 400 Tageseltern Niederösterreichs. Diese waren vorerst überhaupt nicht umfasst von der gratis Vormittagsbetreuung von Kleinkindern.
Mit der neuen Förderrichtlinie “NÖ Tageselternbetreuungsbeitrag” hofften die NÖ Tageseltern auf Besserung. Diese Hoffnung auf Gerechtigkeit wurde jedoch enttäuscht. „Die neue Förderrichtlinie bringt nicht nur eine Benachteiligung von Familien mit sich, die ihre Kinder von Tageseltern betreuen lassen, sie setzt auch Tageseltern durch Förderbedingungen wirtschaftlich massiv unter Druck“, sagt Jagl.
„Das Land NÖ sollte froh sein, diese Berufsgruppe zu haben, denn die Tageseltern entlasten durch ihr Angebot die NÖ Tagesbetreuungseinrichtungen bzw. stellen so dringend benötigte Betreuungsplätze für unter 3-Jährige bereit“, ergänzt Grünen-Bildungssprecher LAbg. Georg Ecker. Außerdem stellt die Betreuung bei Tageseltern eine wertvolle Ergänzung zu der in Tagesbetreuungseinrichtungen dar. Es gibt viele sehr junge Kinder, die in größeren Gruppen überfordert sind und für die die familiäre, kleinstrukturierte Betreuung, wie bei Tageseltern, einen sanften Einstieg bzw. eine Vorbereitung auf den Alltag in Tagesbetreuungseinrichtungen ermöglicht.
Tageseltern bestimmen ihren Betreuungsbeitrag nach wirtschaftlichen Überlegungen, aber auch nach Faktoren wie dem pädagogischen Angebot und dem Standort, selbst.
“Die meisten Tageseltern sind Selbständige und auf einen existenzsichernden Verdienst angewiesen. Wir sind schon lange nicht mehr nur Frauen, die sich neben der Betreuung eigener Kinder etwas dazuverdienen wollen”, meint Jagl.
Was sind nun die Eckpunkte der Richtlinie, die Tageseltern auf die Barrikaden steigen lassen?
Eine Voraussetzung für die Förderung ist eine Deckelung des Betreuungsbeitrages mit € 5,- pro Stunde und Kind. Das Land fördert € 3,75 davon, die Eltern sollen am Vormittag maximal € 1,25 pro Stunde zahlen müssen.
Dazu muss man wissen, dass Tageseltern maximal 4 Kinder unter 6 Jahren gleichzeitig betreuen dürfen.
Viele Tageseltern haben auch noch eigene Kinder zu betreuen und betreuen deswegen meistens weniger als 4 Tageskinder gleichzeitig. Abgesehen davon, geht sich der maximale Betrag nur wenige Stunden pro Tag aus, da Kinder zu unterschiedlichen Zeiten gebracht und abgeholt werden.
Das heißt, sie kommen mit der Deckelung auf einen Stundenlohn von maximal € 20,- brutto.
Die Deckelung bedeutet daher für viele Tageseltern einen erheblichen Einkommensverlust.
Zwei weitere Punkte, die sowohl den Tageseltern wie auch den Eltern sauer aufstoßen sind, dass erstens nur Familien die Förderung bekommen, in denen beide Elternteile erwerbstätig sind und dass nur die konsumierten Stunden gefördert werden. Beides sind Bedingungen, die in Tagesbetreuungseinrichtungen nicht gelten.
Es ist sowohl für Familien als auch für Tageseltern nicht nachvollziehbar, warum karenzierte Eltern, oder solche, die sich in einer Ausbildung befinden, die Förderung nicht bekommen können. Auch die Eingewöhnungszeit wird somit gar nicht gefördert. Und was ist, wenn Kinder krank sind? Tageseltern dürfen den vollen Betreuungsbeitrag verlangen, wenn sie wollen, meint das Land NÖ. Das ist eine massive finanzielle Benachteiligung der Eltern im Vergleich zu Tagesbetreuungseinrichtungen. Und wenn Tageseltern für diese Stunden weniger verrechnen? Wiederum ein beachtlicher Einkommensverlust.
“Alles in allem entsteht der Eindruck, dass die Förderrichtlinie entweder nicht durchdacht ist oder die ÖVP Tageseltern absichtlich massiv benachteiligt und wirtschaftlich unter Druck setzt. Jedenfalls führt ein Festhalten an diesen Bedingungen dazu, dass zahlreiche Tageseltern überlegen, ihren Beruf aufzugeben. Und die Frage ist, ob sich die ÖVP NÖ bewusst ist, dass das Wegbrechen eines Teils dieser Berufsgruppe einen Rückschritt in der Tagesbetreuung junger Kinder in NÖ zur Folge hat.”
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Sabine Krainz
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