DeutschManset

Die aktuelle Situation Zur Doppelten Staatsbürgerschaft

Die MA35 setzte ihre Untersuchungen trotz der Entscheidung des Verfassungsgerichts 2018 fort.

Die MA35 entnahm Identitätsnummern von fast 4.000 Personen von Wahllisten, die während der Präsidentschaftswahl 2018, in den Konsulaten hingen. Diese Nummern wurden auf der Seite des türkischen Obersten Wahlausschusses überprüft und beim österreichischen Obersten Verwaltungsgericht als Beweis eingereicht und dort als Beweismittel akzeptiert. Die MA35 setzte seine Untersuchungen trotz des Verfassungsbeschlusses 2018 fort.

Die Informationen, die der Seite des türkischen Obersten Wahlausschusses entnommen wurden, haben erneut tausende von Menschen leiden lassen.

Das 2017 angefangene Problem der doppelten Staatsbürgerschaft hatte seinen Höhepunkt 2018. Die türkischen Ministerien suchen keine Lösung dafür und es wird auch gar nicht als Problem anerkannt. 

Türkische Abgeordnete, die seit 2017 nach Österreich kommen und auch der Botschafter in Wien sagen, dass das Problem auf österreichischer Seite liegt.

In den 1960er-Jahren begann aufgrund finanzieller Umstände eine Migration aus der Türkei nach Europa, die auch als „Arbeitermigration“ bezeichnet wird. Nachdem die Aufnahme von neuen Arbeitskräften irgendwann gestoppt wurde, wurde die Migration nun durch Familienzusammenführungen und -gründungen fortgeführt. Eines der Länder, in welches diese Migration sehr intensiv stattfand, war Österreich. Im Jahr 1964 wurde der Vertrag für die „Anwerbung türkischer Arbeitskräfte und deren Beschäftigung in Österreich“ zwischen Österreich und der Türkei unterschrieben. Österreich beabsichtige mit diesem Vertrag eigentlich, dass die bereits in Österreich arbeitenden Menschen nach einigen Jahren zurückkehren und anstelle dieser Menschen neue Arbeitskräfte aufgenommen werden. Der Prozess verlief jedoch nicht wie anfangs von Österreich erhofft. Die eingewanderten Arbeitskräfte hatten allerdings auch zu Beginn ihrer Zeit nicht vor, dauerhaft in Österreich zu leben, sondern planten, nach dem sie einige Jahre in Österreich gearbeitet und einen Verdienst beiseitegelegt hatten, die Rückkehr in ihr Heimatland.

Die hauptsächliche Migration aus der Türkei nach Österreich fand Ende der 1970er-Jahre statt. Da sich die wirtschaftlichen Bedingungen nicht so entwickelten wie die Migranten, die als „Gastarbeiter“ kamen, es sich vorgestellt hatten, entschieden sie sich allmählich dauerhaft in Österreich zu leben. Im Gegensatz zu den Planungen der österreichischen Behörden und Einrichtungen hat sich der Prozess dahingehend entwickelt, dass sich die Anzahl der Migranten durch Familienzusammenführung und Geburten stärker als geplant erhöhte.

Die „Gastarbeiter“ akzeptierten schon in ihren ersten Aufenthaltsjahren die schweren Arbeits- und Lebensbedingungen und arbeiteten mit hoher Selbstaufopferung trotz der abweichenden Familien – und Alltagsumstände, der mangelnden Sprachkenntnisse und der fremden Kultur. In den ersten Jahren der Migration lebten diese Arbeiter unter sehr schweren Bedingungen in kleinen Wohnheimen, in welchen sie nicht einmal über eigene Toiletten und Badezimmer verfügten. Sie erhielten keinerlei Unterstützung für die Anpassung in diesem Land, dessen Sprache und Kultur ihnen fremd war. Sie wurden in körperlich belastenden Arbeitsstellen als unqualifizierte Arbeiter eingestellt. Aus dieser Perspektive betrachtet haben die Gastarbeiter einen hohen Beitrag zu der wirtschaftlichen Entwicklung Österreichs geleistet.

Der türkische Migrationsprozess, der mit der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre mit der Migration der Gastarbeiter in Europa begann, durchlief fünf bestimmte Phasen, die alle ein eigenes Diskussionsthema darstellten. (Abadan-Unat, 2006):

* 1950er-Jahre: Einzelunternehmer und private Vermittler

* 1960er-Jahre: „Export von steigender Arbeitskraft“ auf der Basis von bilateralen Verhandlungen durch staatliche Oberhand

* 1970er-Jahre: Wirtschaftskrise, Abbruch der Aufnahme von ausländischen Arbeitskräften, Gewährleistung des rechtlichen Status für „touristische“ (illegale) Einwanderer, Familienzusammenführungen, Kindergelder 

* 1980er-Jahre: Bildungsprobleme der Kinder, Leben im Getto, Bildung der Vereine, zunehmende Asylanträge, Visumpflicht, zur Rückkehr motivierende Gesetze

* 1990er-Jahre: Gesetz für Ausländer, Erwerb von Identifikationen von Ausländern, zunehmende Ausländerfeindlichkeit, Verbreitung von ethnischen Unternehmen, Verbreitung von ethnischen und religiösen Vereinen, Forderung nach politischen Rechten

* 2000er-Jahre: Islamophobie, Euro-Türken, das Einwanderungsgesetz, Integrationsprojekte (Güleç & Sancak 2009)

Was kann denn wohl passiert sein, dass die Migranten, die einst zu einem enormen wirtschaftlichen Wachstum des Landes beigetragen hatten, auf einmal als ein Risikofaktor wahrgenommen und zu einem politischen Instrument wurden?

Alles begann damit, dass rechtsradikale Parteien in Österreich anfingen, die Migranten als eine Bedrohung zu sehen und mit ihren rassistischen und diskriminierenden Äußerungen eine Art Wählerstimmenkampagne betrieben. Der Hauptgrund für ihr Unbehagen ist, dass der Gastaufenthalt der Migranten, die sie als Gastarbeiter betrachten, vorüber ist. Der Gast ist nun der Gastgeber. Sie sind nicht mehr vorübergehend, sondern dauerhaft in Österreich und sind somit ein Teil Österreichs. Sie sind nicht mehr nur Arbeiter, sondern auch Arbeitgeber, Ärzte, Ingenieure, Polizisten und Soldaten. Die Kinder der Migranten zeigen nun in jedem Bereich ihre Präsenz. Wenn allerdings Personen, die sich als Österreicher verstehen, in Österreich geboren und aufgewachsen sind, sich perfekt integriert haben, in Österreich studiert haben und Beiträge zur österreichischen Gesellschaft geleistet haben, diskriminiert werden, so wird dies nur Wasser auf die Mühle derer gießen, die unsere Gesellschaft spalten möchten.

WIE BEGANN DIE KRISE DER DOPPELTEN STAATSBÜRGERSCHAFT?

Während der Wahlzeit für das Referendum der türkischen Verfassungsänderung im Jahr 2017, wurden durch den türkischen obersten Wahlvorstand Wählerlisten an die Teilnehmerparteien gesendet. Die Parteien in der Türkei übermittelten ihre aktuellen Wählerlisten an ihre Repräsentanten in Europa. Zwischen dem 27. März und dem 9. April wurden Stimmen für das Referendum der Verfassungsänderung in der Türkei in den Auslandsvertretungen abgegeben. Nach dem Referendum gab die rechtsradikale Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) eine Liste mit 100.000 türkischen Namen von türkischen Staatsbürgern, die von Österreich aus das Recht auf die Teilnahme am Referendum hatten, an das Österreichische Innenministerium weiter.

Gerichtsbeschluss des österreichischen Verfassungsgerichts

Das österreichische Verfassungsgericht setzte sich mit diesem Thema, welches auch die österreichische Öffentlichkeit mehrere Jahre lang beschäftigte, auseinander und erließ am 17. Dezember 2018 einen Gerichtsbeschluss. Das Gericht entschied, dass die sogenannten Wählerlisten, die die Grundlage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts bilden, nicht als Beweismittel verwendet werden könnten, da keine genauen Informationen über die Richtigkeit, Zuverlässigkeit und keine genauen Angaben über wo und wie sie erstellt wurden, zur Verfügung stünden und diese Dokumente offen für Manipulationen seien. Das Gericht zog einen weiteren wichtigen Entschluss. Demnach können die österreichischen Behörden mit vermeintlich doppelter Staatsbürgerschaft nicht verlangen, “zu beweisen, dass keine türkische Staatsbürgerschaft besteht“. Denn das Gericht machte aufmerksam darauf, dass die österreichischen Einwanderungs- und Einbürgerungsbehörden und Verwaltungsgerichte ihre Behauptungen bezüglich dieser Staatsbürgerschaftsangelegenheiten durch die vorgenannten Institutionen nachzuweisen haben. Es wurde entschieden, dass im Falle einer illegalen Staatsbürgerschaft die Aufgabe, dies nachzuweisen, einzig und allein die Aufgabe der staatlichen Institutionen ist. 

Die Situation in den Bundesländern nach dem Verfassungsgerichtsbeschluss

Nach dem Beschluss des österreichischen Verfassungsgerichts unterließen alle Bundesländer außer dem Bundesland Wien die Nutzung der Wählerlisten des obersten Wahlvorstandes der Republik Türkei als Beweismittel und stoppten die bisherigen Ausübungen.

Das Bundesland Wien entzieht weiterhin die Staatsbürgerschaften der Österreicher türkischer Herkunft

Die Magistratsabteilung 35 für Einwanderung und Staatsbürgerschaft im Bundesland Wien erkennt den Verfassungsgerichtsbeschluss nicht an. Nach der Überprüfung der Wählerlisten des obersten Wahlvorstandes der Türkei für das Jahr 2018 wurden für 4.000 österreichische Staatsbürger türkischer Herkunft mit angeblich der doppelten Staatsbürgerschaft Anträge beim österreichischen Verwaltungsgericht gestellt. Solch eine Liste hatte es bereits im Jahr 2017 gegeben und das Verfassungsgericht hatte beschlossen, dass die „entsprechenden Listen nicht als Mittel für den Entzug der Staatsbürgerschaft benutzt werden können“.

Es wurde durch die Erklärungen des zuständigen Stadtratsmitglieds Christoph Wiederkehr (Neos) bestätigt, dass die Ermittlungen seit dem Beschluss des Verwaltungsgerichts fortlaufen und das Gerichtsverfahren eingeleitet worden ist.

Gerichtsbeschluss des österreichischen Verwaltungsgerichtes vom 12.03.2020: 

Entsprechend dem Artikel 27 zur Staatsbürgerschaft Absatz 1 wird die Staatsbürgerschaft eines österreichischen Staatsbürgers im Falle eines Zuzuges einer Staatsbürgerschaft eines anderen Landes und dessen Eingeständnis, wenn dieser Bürger vorher nicht um die Erlaubnis des Fortbestandes seiner österreichischen Staatsbürgerschaft bei den entsprechenden österreichischen Behörden gebeten hatte, entzogen. Das Gericht erließ den Beschluss, dass die Wählerlisten des obersten Wahlvorstandes der Republik Türkei mit zehntausenden von türkischen Namen keine bloßen Vermutungen beinhalten, diese Listen echte Wählerlisten sind und die beteiligten Personen aufgrund erneuter Annahme der türkischen Staatsbürgerschaft keine österreichischen Staatsbürger mehr sind. Es wurde zudem mitgeteilt, dass auch aufgrund des Datenschutzgesetzes der Widerspruch nicht möglich sein würde.

Magistratsabteilung 35 für Einwanderung und Staatsbürgerschaft beharrt darauf, Menschen heimatlos zu machen, sie in den Status der Flüchtlinge herabzusetzen und zu benachteiligen!

Die Magistratsabteilung 35 für Einwanderung und Staatsbürgerschaft übertrug die Identifikationsnummern der österreichischen Staatsbürger türkischer Herkunft in die Webseite des obersten Wahlvorstandes der Republik Türkei. Es wurden Informationen gesammelt, indem nachgeprüft wurde, ob die türkische Staatsbürgerschaft dieser Personen aktuell waren. Bei Personen, deren türkische Staatsbürgerschaft laut der Webseite des obersten Wahlvorstandes aktuell waren, wurden die Namen als Listen für Beweiszwecke im österreichischen Verwaltungsgericht eingereicht. Es ist ersichtlich, dass das Gericht auch diese Daten natürlich als Beweismittel akzeptiert. Während andere Bundesländer den Gerichtsbeschluss des Verfassungsgerichts befolgen, führt das Bundesland Wien seine detaillierte Prüfung der doppelten Staatsbürgerschaften auf der Grundlage dieser Wählerliste fort.

Wie viele Menschen erwarten von nun an schwierige Situationen?

Es wird vor allem von 4.000 Personen gesprochen, deren Gerichtsprozesse fortlaufen und deren Beschlüsse für österreichische Staatsbürger türkischer Herkunft aus Wien von Bedeutung sind. Wenn wir die Kinder und Enkel dieser Personen mitberechnen, können wir sehen, dass mindestens 16.000 Personen betroffen sind, ihre Staatsbürgerschaft verlieren zu können. Durch das Hinzukommen von neuen Personen werden Zehntausende von Personen unter dem gleichen Risiko stehen. Durch nur eine Person, die von diesem Problem betroffen ist, ist die Rede des Entzugs der Staatsbürgerschaften von allen anderen Personen des gleichen Stammbaumes.

Was wird in diesem Prozess geschehen?

Personen, deren österreichische Staatsbürgerschaft entzogen wird, verbleiben eine lange Zeit auf dem Status „Heimatlosigkeit“. Sie werden etwa ein Jahr lang keine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis erteilt bekommen. Probleme erwarten diese Menschen in ihrem Arbeitsleben, bezüglich ihrer Versicherung, in ihren Schulen, in Sozialhilfen sowie auch in Gemeindeeinrichtungen.

Ist es nicht UNMENSCHLICH, die Grundrechte dieser Menschen am Leben zu entziehen?

Die grundlegenden Lebensrechte dieser Menschen, die unter all diesen Umständen ihr Leben fortführen müssen, werden eingeschränkt. Diese Personen werden, nachdem ihren Staatsbürgerschaften widerrufen werden, monatelang sogar jahrelang nicht arbeiten können und über kein Gehalt verfügen. Wurde über Probleme, die diese Menschen haben werden, schon nachgedacht?

Ist es gerecht, die Ein- und Ausreiserechte zu entziehen?

Personen, die in den Status „heimatlos“ fallen und keinen Aufenthaltstitel haben, erleben auch Einschränkungen bezüglich ihrer Ein- und Ausreiserechte. Welchen Weg müssen die Menschen gehen, die in dringenden Fällen ins Ausland verreisen müssen?

Die letzte Entscheidung des österreichischen obersten Gerichtshofs 2020, nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs 2018

Der oberste Wahlausschuss der Türkei versäumt die für die Präsidentschaftswahl geöffnete Seite zu schließen!

Die von der MA35 entnommenen Identitätsnummern von fast 4.000 Personen, wurden vom österreichischen Verwaltungsgerichtshof als Beweismittel anerkannt.

Illegale Listen führen zur Staatenlosigkeit

Obwohl die während der ReferEndum von 2017 der Freiheitlichen Partei österreichs (FPÖ) zugesandten Wählerlisten vom österreichischen Verfassungsgericht 2018 als Beweismittel untauglich erklärt wurden, sind die österreichischen Staatsbürgerschaften von 29.000 Personen in Gefahr. Auf die Entscheidung des österreichischen Verfassungsgerichts, nur die Wahlregister der obersten Wahlbehörde (Yüksek Seçim Kurulu – YSK) zu Rate zu ziehen, hat die wiener Magistratsabteilung 35 die YSK-Datenbank überprüft. In darauf basierenden Klageverfahren wurden die österreichischen Staatsbürgerschaften zahlreicher Austrotürken abgeschafft. Eines der Beispiele haben wir für unsere LeserInnen zusammengefasst.

Die Brücke hat ein begründetes Verfahrensurteil beim österreichischen Verwaltungsgerichtshof erhalten, der die Fälle von etwa 29.000 türkischen StaatsbürgerInnen interessiert, die eine „insgeheime doppelte Staatsbürgerschaft“ besitzen. Im begründeten Urteil vom 12. März 2020 wurde der Revisionsantrag der Antragstellerin S.S. bewertet. Die Revision betrifft die Entscheidung des wiener Verwaltungsgerichts vom 20. September 2019 und betrifft 500 bis 800 gleichgelagerte Fälle. Die Revision der Antragstellerin, hinsichtlich des Urteils der Erstinstanz, wonach sie zum 30. April 2018 ihre österreichische Staatsbürgerschaft verloren hat. Das Gericht begründet sein Urteil mit ihrer Auflistung im Wahlregister der obersten Wahlbehörde (Yüksek Seçim Kurulu – YSK). 

DIE YSK-DATEN UND WÄHLERLISTEN SIND UNTERSCHIEDLICH

In der Verfahrensgeschichte wird der Antragstellerin S.S. am 30 März 1995 die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft bei Nachweis des Ausscheidens aus dem türkischen Staatsverband zugesichert. Nachdem S.S. das notwendige Dokument des türkischen Innenministeriums vorlegt, erhält S.S. am 1. März 1996 die österreichische Staatsbürgerschaft. Der Austritt der Antragstellerin aus dem türkischen Staatsverband geschieht am 4. Juli 1996.

Als die Antragstellerin in der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) vorliegenden Wählerliste aufgeführt wird, wird eine Untersuchung gegen sie aufgenommen. Obwohl das wiener Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20. September 2019 diese Wählerliste nicht als Beweis akzeptiert, entscheidet es die Zulassung der Wahlregister auf der Seite der obersten Wahlbehörde (http://www.ysk.gov.tr/) als Beweismittel und hebt hervor, dass der Vorname, der Nachname und die Staatsbürgerschaftsnummer (kimlik numarası) von S.S.  im Wahlregister zu den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 24. Juni 2018 aufgelistet werden.

„DEN YSK-DATEN WURDE NICHT WIDERSPROCHEN“

Das Wiener Verwaltungsgericht greift auf die Daten am 30. April 2018 zu. Die Antragstellerin beweist ihren Austritt aus dem türkischen Staatsverband mit ihrer Blauen Karte (Mavi Kart), dem Mavi-Kart-Registerauszug sowie einem Dokument, das ihr vom Wiener Generalkonsulat der Türkischen Republik ausgestellt wurde. Das Gericht urteilt allerdings, dass die Dokumente nicht zugelassen werden können, da sie nach dem 30. April 2018 erstellt wurden. Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin den YSK-Daten nicht widersprochen hat (§11).

Im Laufe des Verfahrens wird der Antragstellerin die Möglichkeit gegeben, ein Auszug aus dem Personenstandsregister vorzulegen. Nach Artikel 2 des türkischen Gesetzes Nr. 5490 über das Personalstandswesen wird dies Personen, die mit Erlaubnis aus dem türkischen Staatsverband austreten, ermöglicht, doch die Antragstellerin legt kein solches Dokument vor. Allerdings beruft sich die Antragstellerin in ihrer Revision auf die Verletzung des Datenschutzes, in dem das Gericht auf YSK-Daten zugegriffen hat. Im §54 seines Urteils verweist das Gericht allerdings darauf, dass die YSK-Daten anders als die zuvor vorgelegten Wählerlisten zu bewerten sind und das öffentliche Interesse im Rahmen des Verfahrens eine Rolle spielen.

EINE NEUERLICHE STAATSBÜRGERSCHAFT IST MÖGLICH

Hinsichtlich des Verlustes der Staatsbürgerschaft verweist das Gericht darauf, dass der Bezug der Notstandshilfe, die die Antragstellerin seit 2006 bezieht, unberührt ist und der Verlust der Staatsbürgerschaft ihr keine finanziellen Schwierigkeiten unterbreiten würde. Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin trotz einer drohenden Staatenlosigkeit einen Antrag auf eine neuerliche österreichische Staatsbürgerschaft sowie diverse Aufenthaltstitel offen stehen.

DER LETZTE STAND IM THEMA DOPPELTE STAATSBÜRGERSCHAFT

Im Jahr 2018 wurde die Wählerliste des Obersten Wahlrats der Republik Türkei nicht als legitimes Beweismittel anerkannt, und die Umsetzung der Wahlergebnisse wurde somit durch die Entscheidung des österreichischen Verfassungsgerichtshofs gestoppt. 

Das MA35 des Bundeslandes Wien (welches für Zuwanderung, Bevölkerung und Staatsbürgerschaft zuständig ist) setzte ihre Ermittlungsarbeiten trotz des Verfassungsgerichtsurteils von 2018 fort. 

Das MA35 Wien als Staatsbürgerschaftsstelle des Bundeslandes Wien hat beim österreichischen Verwaltungsgerichtshof die Entziehung der Staatsbürgerschaft durch Prüfung der Wahlliste 2018 der türkischen Obersten Wahlbehörde im Rahmen der in Österreich als rechtswidrig geltenden doppelten Staatsbürgerschaft beantragt. Das österreichische Oberste Verwaltungsgericht bestätigte die personengebundenen Angaben von 4.000 Personen, dieser Informationen über eine doppelte Staatsbürgerschaft verfügten. In der am 12. März 2020 durchgeführten gerichtlichen Sitzung wurde die Auswahlliste als geltendes Beweismittel zugelassen.   

Wir leiden an den Ergebnissen der seit Jahren betriebenen falschen Politik. Durch diverse Politiken, die seit 40 Jahren durch verschiedene Regierungen der Republik Türkei in der Hoffnung auf potenzielle Wahlstimmen bis heute durchgeführt werden, haben die Verantwortlichen des türkischen Staates gegen die Staatsbürgerschaftsgesetze des österreichischen Staates gehandelt und dazu beigetragen, dass die in Österreich lebende türkischstämmige österreichische Staatsbürger vor österreichischen Gerichten mit dem Verlust Ihrer Staatsbürgerschaft konfrontiert sind und somit einen sehr großen Nachteil erfahren. 

Bis zu den anstehenden Wahlen 2023 liegt noch ein Jahr bevor. Die politischen Parteien haben bereits begonnen, für das Jahr 2023 ihre Planungen durchzuführen …

Es gibt Kandidaten, die Präsident werden wollen, Kandidaten, die Abgeordnete werden wollen, Politiker, die auf die Machtübernahme ihrer Partei warten, oder Kandidaten, die einen Platz in den oberen Rängen der Bürokratie finden wollen. Mit anderen Worten haben alle eine Erwartung bezüglich der Wahlen. Schließlich bedeuten Wahl ja auch neue Zukunftschancen.

Während die in Europa lebenden Migranten in ihrem Land, in dem sie leben, als Menschen zweiter Klasse behandelt und unterdrückt wurden, betrachtete die Türkei sie als Wahlstimmenpotenzial. Dass die Türkei, die seit 40 Jahren mit den Stimmen der Türken in Europa neue Regierungen bildet und nun ihre Landsleute in Österreich in dieser wichtigen Frage, die sie tiefgehend benachteiligt, ihrem Schicksal überlässt, erschüttert das Rechtsempfinden der Gesellschaft.

Als Brücke-Magazin haben wir stets die Probleme der Menschen, die Opfer der doppelten Staatsbürgerschaft sind, gegenüber den Ministern, Abgeordneten und Mitgliedern verschiedener Parteien, die Österreich in der vergangenen und der neuen Amtszeit aus der Türkei besucht haben, zu Wort gebracht.

Die Personen, mit denen wir diese Themen besprachen, sind Vorsitzender der österreichisch-türkischen Freundschaftsgruppe und Abgeordneter der Stadt Adıyaman Muhammed Fatih Toprak, und seine begleitenden Kommissionsmitglieder, Präsident der Verfassungskommission Akif Çağatay Kılıç und seine begleitenden Mitglieder, Abdullah Eren, Präsident des Vereins für Türken im Ausland,

Abgeordnete verschiedener politischer Parteien (AKP, CHP, MHP, IYI) die zu Besuch in Österreich waren, Mehmet Ferdan Çarıkçı, der 2018 als Botschafter in Wien tätig war, Ümit Yardımcı und Ozan Ceyhun, der derzeit noch im Dienst ist. 

Wir können uns nicht vorstellen, dass die österreichische Regierung in naher Zukunft positive Schritte für uns unternehmen wird. Ebenso wenig sehen wir Maßnahmen seitens der Türkei, um dieses Problem zu lösen. Die offiziellen Behörden und Beamten der Türkei vermeiden es, Verantwortung für die Lösung dieses Problems zu übernehmen. 

Wir haben unsere Fragen auch an türkischstämmige Politiker in Wien gerichtet. In seiner Antwort an uns teilte der Wiener Abgeordnete Şafak Akçay (SPÖ) mit, dass in der Wiener MA35 Akten von 4000 Personen zu diesem Thema vorliegen und 36 Beamte für die Bearbeitung dieser Akten beauftragt wurden. 

Das Problem der doppelten Staatsbürgerschaft ist derzeit eines unserer größten Probleme in Österreich. Auch unsere Gesellschaft ist dadurch inzwischen äußerst angespannt, psychische Probleme werden erlebt. Es sollte dringend ein gemeinsamer Lösungsweg zwischen Österreich und der Türkei mit bürokratischen Mitteln erstellt werden, um die Benachteiligung vieler Familien aufgrund dieses Sachverhaltes aufzuheben. 

Unsere Fragen an die MA35 und derer Antwort, sowie die Antworten vom Wiener SPÖ Abgeordneten Safak Akcay  

Ähnliche Artikel

Überprüfen Sie auch
Schließen
Schaltfläche "Zurück zum Anfang"