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Der Albtraum der Familien während der Pandemie: digitale Spielsucht

Die Art und Weise, wie Jugendliche und Erwachsene aller Altersgruppen und sozialen Schichten heutzutage lernen, spielen und mit anderen interagieren, hat sich wahrscheinlich seit Gutenbergs Buchdruck-Revolution nie so radikal geändert. 

570 Jahre nach der Veröffentlichung des ersten Buches hat sich die Verbreitung von Informationen durch digitale Wunder der modernen Zeit stark verändert. Mobiltelefone, IPads, Suchmaschinen und soziale Medien wie Facebook, Twitter und Instagram haben neue Lebensbereiche für die Menschen geschaffen. 

Das digitale Leben, das wir mit dem Internet kennengelernt haben, hat gleichzeitig unsere Gewohnheiten und Verhaltensweisen beeinflusst. Neue technische Geräte mit mobilen Funktionen wurden konstruiert, die jederzeit Zugang zu neuen Unterhaltungsquellen ermöglichen und unser Leben bereichern. Gleichzeitig hat sich auch die virtuelle Unterhaltsindustrie stark weiterentwickelt. Es sind wieder Spiele für Menschen jedes Alters und jeden Geschmacks auf den Markt gekommen, die sowohl online als auch offline gespielt werden können. 

Im Laufe der Pandemie haben sich Menschen jeden Alters in Wesen entwickelt, die auf eine Art online leben. Es sind neue Verhaltensabhängigkeiten entstanden, die verschiedene Formen haben und mit der Verwendung neuer Technologien zusammenhängen. Es ist heute allgemein bekannt, dass Menschen aus verschiedenen Berufen und sozialen Gruppen sehr viel Zeit in digitalen Spiele investieren. Digitale Spiele wurden als harmlos und hilfreich angesehen, sie dienten zur alltäglichen Stressbewältigung und Ablenkungen und für manche Familien waren sie ein Mittel, damit das Kind zu Hause bleibt, wenn sie das Spielen im Freien für unsicher hielten. 

Was ist Sucht? 

Einige Kinder und Erwachsene, die gerne Zeit mit digitalen Spielen verbringen, verlieren irgendwann die Kontrolle und verspüren den inneren Druck, immer wieder spielen zu müssen. Dies hat dazu geführt, dass der Fokus auf den Kreislauf der Verhaltensabhängigkeiten gelegt wurde. Menschen, die Schwierigkeiten hatten, ihren Wunsch nach digitalen Spielen zu zügeln, hatten Probleme, ihre Gefühle und Gedanken regulieren und vernachlässigten ihre Verpflichtungen des täglichen Lebens. Ab diesem Zeitpunkt wurde von der digitalen Spielsucht gesprochen. Der Suchtbegriff wird wie folgt definiert: Es ist ein Zustand psychisch unerträglicher Abhängigkeit von einem Reiz, einer bestimmten Stimulation und einer Aktivität, die für Stimulation sorgt (Institut zur Reformierung der türkischen Sprache, 2018). 

Im Juni 2018 wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Sucht nach digitalen Spielen unter dem Begriff „gaming disorder“ in den neuen Katalog der internationalen Krankheiten aufgenommen (International Classification of Diseases-11, 2018). Unter dieser Spielsucht sieht die WHO ein Muster aus anhaltendem oder immer wiederkehrendem Verhalten bezüglich des Spielens (Videospiele und digitale Spiele), das sowohl online als auch offline auftritt. Es gibt immer noch Debatten darüber, ob Videospiele aus klinischer oder wissenschaftlicher Sicht eine Sucht sind. Neurologische Erkenntnisse deuten daraufhin hin, dass bei Videospielen Gehirnstoffe freigesetzt werden, die sich negativ auswirken und dementsprechend wirken sie sich auch auf das Intellekt des Menschen aus. So sehr, dass mit Verhaltensabhängigen, ähnlich wie der Alkoholsucht, auch physische und psychische Symptome verbunden sind, die zu den Grundkriterien der Sucht gehören. Zu diesen Symptomen gehören: endlose Gedanken, Stimmungsschwankungen, mangelnde Toleranz, Probleme in sozialen Beziehungen und Rückfälle. 

Ist es eine gefährliche Sucht? 

Digitale Spiele können sich zunächst positiv auswirken und den Spielern sofort ein Gefühl der Zufriedenheit und des kurzfristigen Wohlbefindens geben. Man sieht sie als harmlose Mittel, die förderlich sind, um Stress abzubauen, zur Sozialisierung mit Gleichaltrigen und auch um Spaß zu haben. Während Eltern von Jugendlichen oder jungen Erwachsenen scherzen, dass ihre Kinder von Videospielen abhängig sind, ignorieren sie dabei eine Tatsache. Bei Personen, die anfällig für Suchtkrankheiten sind, hat die virtuelle Welt Vorrang, sobald sie immer mehr Zeit in derartige Spiele investieren. Es ist daher der Beginn eines möglichen Problems, wenn digitale Spiele als die Quelle betrachtet werden, die zu der Zufriedenheit des Einzelnen dienen können. Denn die digitale Spielsucht wird definiert als zwanghaftes Spielen, die Unfähigkeit des Spielers, sich dabei unter Kontrolle zu halten und die emotionale und soziale Probleme für den Betroffenen zur Folge haben. Bei Onlinespielen in der virtuellen Welt kann jeder Spieler mit seinen Avataren sofort in das Spiel eintreten und weiß nicht, wann welche Missionen zu erfüllen sind oder welche Schlachten im Spiel stattfinden werden. Dies macht diese Spiele zu einer spannenden und interessanten Aktivität. Die zweite Besonderheit ist, dass Onlinespiele jederzeit gespielt werden können und in den Zeiten, in den der Spieler nicht spielt, kann er mit den anderen Spielteilnehmern interagieren, was stärkere soziale Beziehungen entstehen lässt. 

Das Gleichgewicht zwischen der virtuellen und realen Welt während der Pandemie herstellen

Das Internet wird nicht nur für Onlinespiele genutzt, sondern dient auch viele andere Zwecke. Die Gründe und die Dauer, warum ein Familienmitglied vor dem Computerbildschirm sitzt, können sich unterscheiden. Das erste Ziel sollte sein, dass während der Pandemie Familien ihre Zeit nicht ausschließlich vor dem Bildschirm verbringen. 

Diesbezüglich haben wir einige Vorschläge für Familien: 

• Wir empfehlen, dass innerhalb der Familie bestimmt wird, zu welchen Uhrzeiten das Internet genutzt wird. Es wäre ratsam, wenn Sie in einen genauen Tagesplan festgelegen, wann Spiele gespielt, Hausaufgaben gemacht und Fernsehserien angesehen werden. 

• Es sollte darüber aufgeklärt werden, welche Risiken das stundenlange Spielen von Einzel- und Gruppenspiel für das Gehirn und die psychische Gesundheit hat. 

• Die Gewohnheit Bücher zu lesen, sollte nicht abgelegt werden. Für die Lektüre von Büchern und das Ansehen von Filmen sollten feste Zeiten bestimmt werden, die auch eingehalten werden sollten. Unter den derzeitigen Bedingungen ist es wichtig, dass sie Jugendliche zu körperlichen Aktivitäten bewegen. Es ist sehr nützlich, wenn im Haus mehr Sport getrieben wird.

• Manchmal können Sie mit Ihrem Kind das Internet besuchen, sich über die Seiten informieren, auf denen es am liebsten Zeit verbringt und mit ihm über die Themen auf diesen Internetseiten sprechen. 

• Als Eltern sollten Sie Aktivitäten organisieren, die allen Familienmitgliedern Spaß machen. Gemeinsam kochen, zu Hause kleine Reparaturen durchführen und kreative Spiele spielen sind einige Beispiele, die genannt werden können. 

• Sie sollten Ihrem Kind erklären, dass es im Internet auch über Kunst, Sport und Geschichte recherchieren kann, damit es ihm bewusst wird, dass man im Internet nicht nur mit Onlinespielen Spaß haben kann. 

• Des Weiteren sollten Sie ihrem Kind gegenüber betonen, dass nicht alle in den sozialen verbreiteten Informationen über Covid-19 korrekt sind und nicht jedem Video oder Artikel geglaubt werden darf. Die Wahrnehmung von Bedrohungen würde Jugendliche viel mehr in die virtuelle Welt drängen. 

Diplom-Psychologin und Beraterin Elif Kaleli Gymnasium des Kultur Kollegs

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