Bund-Wien-Vereinbarung zur Deckung der Realkosten für die Grundversorgung passiert Innenausschuss

Bund-Wien-Vereinbarung zur Deckung der Realkosten für die Grundversorgung passiert Innenausschuss

Oppositionsanträge zu Kinderschutz, Erhalt von Polizeiposten und Asylrecht vertagt

Wien (PK) Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS sprach sich der Innenausschuss heute mehrheitlich für eine 15a-Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Wien aus, mit der das Angebot an Unterkünften im Rahmen der Grundversorgung auch angesichts von Herausforderungen wie der Teuerung und ansteigenden Migrationsströme sichergestellt werden soll. Wien soll demnach jene Differenzbeträge anteilig abgegolten bekommen, die sich aus den verrechneten Kostenhöchstsätzen aus der Grundversorgungsvereinbarung und den tatsächlich entstandenen Kosten inklusive aller Steuern und Abgaben ergeben.

Außerdem vertagte die Koalition mehrere Oppositionsanträge. So pochte die SPÖ auf ein umfassendes Bundes-Kinderschutzgesetz und das Weiterbestehen der eigenständigen Polizeidienststellen in den Marktgemeinden St. Georgen an der Gusen und Mauthausen. Die FPÖ forderte die Zulassung von Asylanträgen von Fremden, die aus einem anderen EWR-Staat oder aus der Schweiz eingereist sind, auszusetzen. Die NEOS sprachen sich für die Einrichtung eines unabhängigen Kinderrechte-Monitorings aus und erneuerten ihre Forderung nach der Gleichstellung von vertriebenen Ukrainer:innen mit Asylberechtigten.

15a-Vereinbarung zwischen Bund und Wien

Um das Angebot an Unterkünften im Rahmen der Grundversorgung weiterhin und nachhaltig sicherstellen zu können, soll dem Land Wien, auf das 35 bis 45 % aller Grundversorgten entfallen, ermöglicht werden, berechtigte Kosten anteilig abgegolten zu bekommen (2272 d.B.). Ziel der Vereinbarung ist die Bewältigung der Herausforderungen im Bereich der Grundversorgung für sämtliche in organisierten Unterkünften und in Einrichtungen der Pflege, Betreuung, der Behinderten- und der Kinder- und Jugendhilfe untergebrachte vulnerable Personen sowie für hilfs- und schutzbedürftige Fremde.

Konkret geht es um die Abgeltung jener Differenzbeträge, die sich aus den verrechneten Kostenhöchstsätzen aus der Grundversorgungsvereinbarung und den tatsächlich entstandenen Kosten inklusive aller Steuern und Abgaben ergeben. Die Differenzbeträge in Erfüllung von 100 % der Betreuungsquote des Landes Wien sollen zwischen dem Bund und dem Land Wien im Verhältnis sechs zu vier aufgeteilt werden. Die Differenzbeträge bei Übererfüllung der Quote trägt der Bund laut Vereinbarung zur Gänze. Wien habe mit Stand 6. Juni 2023 seine Quote zu 180 bis 195 % übererfüllt. Umgekehrt soll sich Wien zu 40 % an den Unterbringungs- und Versorgungskosten der Bundesbetreuung in Höhe des anteiligen Bevölkerungsschlüssels beteiligen.

Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern habe sich als äußert erfolgreich erwiesen, konstatierte Innenminister Gerhard Karner im Ausschuss insbesondere im Hinblick auf die Unterbringung der Vertriebenen aus der Ukraine. Mit einem Bündel an Maßnahmen sei es zudem gelungen, die Asylantragszahlen im Vergleich zum Vorjahr deutlich zu reduzieren. Generell gelte es illegale Migration zu bekämpfen, und jene zu unterstützen, die tatsächlich Hilfe benötigen, so Karner einleitend. Ziel der Regierungsvorlage sei es, weniger Bürokratie, mehr Transparenz und eine gerechtere Aufteilung der realen Kosten für jene Organisationen zu sichern, die die Quartiere bereitstellen. Es handle sich um ein „Pilotprojekt“ für die Umsetzung eines transparenten Realkostenmodells mit dem Land Wien, welches in Zukunft auch anderen Bundesländern offen stehen werde, führte Karner aus.

Hannes Amesbauer (FPÖ) drückte die entschiedene Ablehnung seiner Fraktion für die Regierungsvorlage aus, da damit wieder mehr Geld in ein aus seiner Sicht dysfunktionales Asylsystem investiert werde.

Zustimmung signalisierte NEOS-Mandatarin Stephanie Krisper und regte an, das Modell auch auf andere Bundesländer auszuweiten sowie weitere Maßnahmen zu einer Verbesserung der Unterbringung im Rahmen der Grundversorgung zu setzen. Dies sei aus integrationspolitischer Sicht wichtig. Ulrike Fischer (Grüne) zeigte sich besonders darüber erfreut, dass die Regelung bereits rückwirkend mit 1. Jänner 2023 gelten soll.

Reinhold Einwallner, Christian Oxonitsch (beide SPÖ) und Krisper mahnten einen transparenteren Umgang mit der Asylstatistik ein. So seien zwar die Asylantragszahlen 2022 stark angestiegen, die Anzahl von in der Grundversorgung befindlichen Aylwerber:innen jedoch relativ gleich geblieben. Karner betonte, dass er gesetzlich dazu verpflichtet sei, die Asylantragszahlen zu veröffentlichen. Viele Asylsuchende hätten sich jedoch nach Antragstellung dem Verfahren entzogen, indem sie weiter- oder in ihr Ursprungsland zurückgereist seien.

Oxonitsch fragte außerdem, wie die Bundesregierung gedenke künftig mit den in Österreich aufhältigen Vertriebenen aus der Ukraine umzugehen, angesichts der weiterhin prekären Lage in ihrem Heimatland. Karner erklärte, dass bei der letzten Innenministertagung in Luxemburg beschlossen worden sei, ihren Schutzstatus bis Februar 2025 zu verlängern.

SPÖ- und NEOS-Anträge zum Kinderschutz

Die Sozialdemokrat:innen pochen auf ein umfassendes Bundeskinderschutz-Gesetz und zahlreiche weitere Maßnahmen (3567/A(E)). Dazu zählen im Bereich Prävention und Sensibilisierung etwa verpflichtende Kinderschutzkonzepte für alle Institutionen, Vereine und Einrichtungen, die mit Kindern arbeiten, sowie für den gesamten elementarpädagogischen Bereich. Das von der SPÖ vorgelegte Maßnahmenpaket umfasst unter anderem auch die Einrichtung eines permanenten Krisenstabs, eine Basisfinanzierung für Gewalt- und Opferschutzeinrichtungen, den flächendeckenden Ausbau von Gewaltschutzambulanzen, eine bessere Ausstattung der Kinder- und Jugendhilfe, eine Aufstockung des Personals in der Justiz und bei der Polizei sowie höhere Strafen für Online-Kindesmissbrauch.

Die NEOS berufen sich in einem Entschließungsantrag auf den Abschlussbericht der 2021 eingesetzten Kindeswohlkommission und sprechen sich für die Umsetzung einer ihrer Empfehlungen aus, die auf die Einrichtung eines umfassenden und unabhängigen Kinderrechte-Monitorings abzielt (3394/A(E)). Gegenstand soll die Beachtung der Kinderrechte in der gesamten Gesetzgebung und Vollziehung und damit auch im sensiblen Bereich Asyl und Migration sein.

Es sei nun zwar bereits ein Kinderschutzpaket beschlossen worden, erklärte Christian Oxonitsch seitens der SPÖ, doch enthalte dieses viele wichtige Anregungen des Antrags seiner Fraktion nicht. Eva Blimlinger (Grüne) sah ein bundesweites Kinderschutz-Gesetz ebenfalls als wünschenswert an, äußerte jedoch Bedenken hinsichtlich der Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern. Diese Frage könnte die Umsetzung zum Scheitern bringen.

Stephanie Krisper wies hinsichtlich des NEOS-Antrags auf dessen weiterhin gültige Aktualität hin, da es immer noch zu Härtefällen insbesondere bei der Abschiebung von Minderjährigen komme. Blimlinger begründete ihren Vertagungsantrag mit laufenden Diskussionen zu dieser Thematik innerhalb der Koalition. Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP) ging auf geplante Maßnahmen der Bundesregierung speziell im Bereich der Strafverfolgung ein, die zu einem besseren Schutz von Kindern „online und offline“ führen sollen.

SPÖ: Erhalt der Polizeiposten in St. Georgen an der Gusen und Mauthausen

Die SPÖ besteht außerdem auf den Erhalt der eigenständigen Polizeidienststellen in den Marktgemeinden St. Georgen an der Gusen und Mauthausen (3336/A(E)). Sowohl die dortigen Gedenkstätten als auch die Funktion der Gemeinden als Verkehrsknotenpunkte in unmittelbarer Nähe zum Zentralraum Linz stellten die Exekutive vor besondere Herausforderungen. Daher spricht sich die SPÖ gegen eine geplante Fusionierung der Polizeidienststellen und deren damit einhergehende Schließung aus.

Antragstellerin Sabine Schatz (SPÖ) ergänzte im Ausschuss, dass die aktuell ansteigende Zahl an antisemitischen Übergriffen umso mehr nach einer erhöhten Polizeipräsenz rund um die Gedenkstätten verlange. Johanna Jachs (ÖVP) zeigte Verständnis für das Sicherheitsbedürfnis im ländlichen Raum, warf jedoch ein, dass der SPÖ-Antrag auf einem Missverständnis beruhe. Es gehe nämlich nicht um eine Schließung, sondern um eine Aufwertung der Dienststellen. Synergien in der Verwaltung sollen genutzt werden, um mehr Präsenz auf der Straße und bei den Gedenkstätten zeigen zu können.

Werner Herbert (FPÖ) und Klaus Köchl (SPÖ) sprachen sich für den Antrag aus, da es keine weitere „Ausdünnung“ der Sicherheitsstruktur im ländlichen Raum geben dürfe, so Herbert. Innenminister Karner merkte an, dass die Umstrukturierung auch auf den Wunsch der dortigen Bürgermeister und der Polizei zurückgehe, da auch sie der Meinung seien, dass diese mehr Sicherheit bringe.

FPÖ will Asylanträge von aus sicheren Drittstaaten Eingereisten nicht mehr zulassen

Vor dem Hintergrund von fast 200.000 Asylanträgen, die im Zeitraum zwischen Anfang 2020 und Juli 2023 in Österreich gestellt worden seien, spricht die FPÖ in einem Entschließungsantrag von einer „neuen Völkerwanderung“ (3614/A(E)) – von Asyl als Schutz individuell Verfolgter Einzelpersonen könne keine Rede mehr sein. Da auch illegale Migrant:innen kaum abgeschoben würden, fordert sie daher die Zulassung von Asylanträgen von Fremden, die aus einem anderen EWR-Staat oder aus der Schweiz eingereist sind, auszusetzen, zumal Österreich von sicheren Drittstaaten und Ländern umgeben sei.

Die ÖVP spreche seit Wochen von einer „Asylbremse“, bemängelte Antragsteller Hannes Amesbauer (FPÖ) im Ausschuss. Doch angesichts – aus seiner Sicht – „exorbitant hoher“ Asylantragszahlen könne es diese nicht geben und wenn es sie gebe, sei sie „ordentlich durchgebrannt“. Die FPÖ fordere keine Bremse, sondern einen völligen Asylstopp.

Stephanie Krisper verwies auf die Europäische Menschenrechtskonvention und das individuelle Recht auf Asyl, das mitunter auch in Nachbarstaaten wie Ungarn systematisch eingeschränkt werde. Die dortigen „Freunde der FPÖ“ würden „unsolidarisch und menschrechtswidrig“ handeln.

Die „Asylbremse“ wirke sehr wohl, warf ÖVP-Abgeordneter Ernst Gödl ein, unter Verweis auf gesunkene Antragszahlen im Vergleich zum Vorjahr. Es müsse jedoch immer im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit gehandelt werden. Diesbezügliche Reformen müssten auf der EU-Ebene ansetzen, so Gödl. Auch Innenminister Karner bestand auf die bereits erfolgte Reduktion der Antragszahlen und kündigte an, in dieser Richtung weiter arbeiten zu wollen. Die „Genugtuung“, die die Freiheitlichen beim Anführen hoher Asylantragszahlen empfinde, bezeichnete Karner als „schäbig“ gegenüber der Bevölkerung.

Außerdem zeigten die NEOS in einem wiederaufgenommenen Entschließungsantrag die aus ihrer Sicht prekäre soziale Lage vieler der rund 90.000 nach Österreich geflüchteten Ukrainer:innen auf (3332/A(E)). Daher wollen sie ihnen bis zum Ablauf ihres temporären Aufenthaltsrechts nach der Vertriebenen-Verordnung denselben Anspruch auf Leistungen wie Asylberechtigten einräumen. Auch dieser Antrag wurde unter Verweis auf bereits laufende Gespräche vertagt. (Schluss Innenausschuss) wit

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