72. Landesparteitag der Wiener SPÖ

Bürgermeister Häupl als SPÖ – Vorsitzender wiedergewählt.

„Es geht nicht um Machterhalt, sondern um die Grundwerte der Sozialdemokratie!“

„Es ist bald 100 Jahre her, dass die Sozialdemokratie in Wien ihr großes Aufbauwerk begonnen hat. Durch diese Arbeit zieht sich die soziale Frage wie ein roter Faden. Und sie ist auch in einer sich verändernden Welt die gleiche geblieben“, betonte der Wiener SPÖ-Vorsitzende Bürgermeister Dr. Michael Häupl vor 1.600 TeilnehmerInnen am Landesparteitag der Wiener SPÖ in der Messe Wien. Wirtschaftspolitik bedeute dementsprechend die Arbeitsmarktpolitik zufriedenstellend für die ArbeitnehmerInnen zu gestalten. Als Eckpfeiler benannte Häupl Millionärs-steuer, Erbschaftssteuer oder eine ähnliche Wertschöpfungsabgabe: „Ob der Vizekanzler darüber reden will oder nicht, es wird geredet werden. Der Faktor Arbeit ist zu hoch besteuert, das ist auszugleichen! Die ÖVP wird diese Diskussion nicht verhindern können.“

Es brauche Investitionen in Infrastruktur, Bildung, Gesundheit und leistbares Wohnen. Dieser Mitteleinsatz solle von der Maastricht-Schuldberechnung herausgenommen werden: „Jede öffentlich investierte Million, zieht drei Millionen im privaten Bereich nach sich. Es gibt genug zu tun, man muss uns nur lassen.“Den Arbeitsmarkt in Ordnung zu bringen, sei eine weitere zentrale Aufgabe. Deshalb unterstützte Wien die zu Unrecht gescholtene „Aktion 20.000“ massiv: „Es geht, es funktioniert und wir führen der ÖVP vor, dass das eine gute Geschichte für ältere ArbeitnehmerInnen ist.“ Armutsbekämpfung strich Häupl als „vornehme Aufgabe für eine reiche Gesellschaft“ heraus: „Jene, die behaupten, 860 Euro seien zu viel, geben in Nobel-restaurants gemeinsam mit Freunden mehr aus, als das, wovon andere in einem Monat leben müssen. Der hässlichen Erzählung der Reaktionär-Konservativen halte ich entgegen: Nicht unsere Sozialleistungen sind zu hoch, unsere Löhne sind zu gering.“ Deshalb bekundete Häupl volle Unterstützung für den von Bundeskanzler Kern geforderten Mindestlohn.

Manche würden behaupten, man könnte mit der FPÖ einfacher Sozialpolitik machen als mit der konservativen ÖVP, ging Häupl auf die Koalitionsfrage ein. Jedoch stehe fest, dass die FPÖ noch nie irgendeine Idee zur Lösung der sozialen Frage eingebracht habe: „Sie lehnen das ab. Es ist ihnen völlig egal ob sie verfassungswidrig agieren oder nicht, Hauptsache sie können jedes Mal bringen: ‚Die Ausländer sind schuld!‘“ Das sei zu wenig und keine Lösung. Umso wichtiger sei es, „dass wir unseren Wiener Beitrag zum Erfolg bei der Nationalratswahl als zutiefst sozialdemokratische inhaltliche Verpflichtung sehen“. Es gehe nicht um Machterhalt, sondern um die Grundwerte der Sozialdemokratie: Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Diese Grundwerte müssen viel stärker in Erinnerung gerufen werden. „Wir müssen dafür sorgen, dass diese alle kennen.“

Rund um die Nachfolgedebatte hielt Häupl fest, dass er sich dazu bekenne, dass die Diskussion nicht so verlaufe wie in anderen Bundesländern. „Ich fühle mich weder als Landeskaiser noch als Erbhofbauer. Nicht ich bestimme, wer in Zukunft die Wiener Politik führt, sondern der Parteitag. Das ist mein fester Wille, meine feste Überzeugung“.

Mit 77,4 Prozent der gültigen Delegiertenstimmen wurde Häupl als SPÖ Wien-Vorsitzender wiedergewählt. Gewählt wurden weiters die fünf StellvertreterInnen des Vorsitzenden: Ruth Becher (78,7 Prozent), Renate Brauner (67,5 Prozent), Kathrin Gaal (81,2 Prozent), Michael Ludwig (67,8 Prozent) und Christian Meidlinger (88 Prozent), der dem Präsidium neu angehört. Nicht mehr zur Wahl angetreten ist Sonja Wehsely, bei der sich der Parteivorsitzende für die langjährige politische Tätigkeit herzlich bedankte.

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