Wirtschaft

ORF muss rund 300 Millionen Euro an Gebührenzahler zurückzahlen

GIS-Programmentgelt: In fünf Jahren um 300 Millionen Euro zu viel bezahlt

Der Prozessfinanzierer AdvoFin startet mit heutigem Tag die größte Konsumenten-Sammelklage, die es bislang in Österreich gegeben hat. 3,3 Millionen GIS-Kunden haben gegenüber dem ORF Anspruch auf Rückzahlung von 10% Mehrwertsteuer auf das Programmentgelt, zumindest für die vergangenen fünf Jahre. In den letzten fünf Jahren haben die Österreicher der GIS und damit dem ORF mehr als 300 Millionen Euro zu viel bezahlt.

Gerhard Wüest, Vorstand der AdvoFin Prozessfinanzierung AG: „Der Europäische Gerichtshof hat bereits 2016 klar festgestellt: Auf Rundfunkgebühren sind keine Mehrwertsteuern zu erheben. Trotzdem verrechnet die GIS als Inkassobüro für den ORF nach wie vor Monat für Monat jedem ORF-Gebührenzahler 10% Mehrwertsteuer auf das Programmentgelt. Das ist einzigartig in Europa. Es ist höchste Zeit, diesen österreichischen Alleingang ein für alle Mal zu beheben. Deswegen haben wir heute eine Sammelklage gegen den ORF gestartet, an der sich jeder GIS-Beitragszahler risikolos und ohne Aufwand beteiligen kann.“

EuGH: Rundfunkgebühren sind nicht steuerbar
Die europäische Rechtslage ist eindeutig. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im artverwandten Fall der tschechischen Rundfunkgebühr (eský rozhlas, Entscheidung C11/15) sind Rundfunkgebühren nicht umsatzsteuerbar. Es gäbe bei Rundfunkgebühren kein freiwilliges Rechtsverhältnis zum Austausch Dienstleistung gegen Entgelt. Der Rundfunkbeitrag werde nicht auf Grundlage eines Vertrags zwischen Anbieter und Abnehmer erhoben, so der EuGH. Auch sei kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung gegeben, da die Verpflichtung zur Entrichtung der Gebühr nicht an die Nutzung der Rundfunkdienstleistung, sondern allein an den Besitz eines Rundfunkempfangsgeräts gebunden ist. Deshalb sei, so der EuGH, die Voraussetzung für die Umsatzsteuerbarkeit gemäß europäischer Mehrwertsteuersystemrichtlinie nicht gegeben.

Österreich als letztes Land der EU mit einer Steuer auf Steuern
Wolfgang List, Anwalt der AdvoFin und Experte für europäisches Recht: „Was für den tschechischen Rundfunk gilt, gilt 1:1 auch für den ORF. Weder in Tschechien noch in einem anderen Land der EU wird heute noch Konsumenten die Umsatzsteuer auf Rundfunkgebühren verrechnet. Nur in Österreich hält man sich immer noch nicht an die Entscheidung des EuGH. Hier werden weiterhin jedem Gebührenzahler Monat für Monat 10% Umsatzsteuer auf das Programmentgelt verrechnet. Somit besteht ein Rückforderungsanspruch von jedem Entgeltzahler gegenüber dem ORF, zumindest für die vergangenen fünf Jahre.“

3,3 Millionen GIS-Teilnehmer haben einen Rückforderungsanspruch für die letzten fünf Jahre
Von den 3,62 Millionen GIS-Kunden zahlen 3,31 Millionen neben der Rundfunkgebühr unter anderem auch das ORF-Programmentgelt, das beim am häufigsten verrechneten Kombientgelt (Radio und TV) seit 1. April 2017 durch Beschluss des ORF-Stiftungsrats mit 17,21 Euro zzgl. 10% Mehrwertsteuer monatlich festgelegt ist. 3,31 Millionen Österreicher zahlen daher zusätzlich zum Programmentgelt monatlich 1,72 Euro oder jährlich 20,65 Euro Mehrwertsteuer, die sie laut europäischem Recht nicht zu bezahlen hätten. Wüest: „In Summe nimmt der ORF über die Mehrwertsteuer jährlich ca. 68 Millionen Euro zu viel von seinen Sehern und Hörern. Das ist eine Steuer auf die Steuer, die wir nun zurückverlangen. Und zwar rückwirkend für die letzten fünf Jahre. In Summe geht es also um mehr als 300 Millionen Euro, die der ORF an seine Kunden zurückzahlen muss.“

Geld zurück: Überweisungsbestätigung reicht
Jeder, der eine Überweisungsbestätigung an die GIS vorweisen kann, kann sich ab heute der GIS-Sammelklage anschließen. Wüest: „GIS-Kunden können sich ab sofort auf unserer Website www.advofin.at anmelden. Eine Registrierung mit Namen und E-Mail-Adresse sowie Kopie eines Zahlungsbelegs reichen aus. AdvoFin übernimmt die gesamten Kosten und das Prozessrisiko. Bei Erfolg erhält AdvoFin für die Risiko- und Kostenübernahme eine Erfolgsbeteiligung in Höhe von 27%. Bei einem durchschnittlichen Schaden von 100 Euro in den letzten fünf Jahren, erhält der GIS-Kunde also im Erfolgsfall ca. 73 Euro zurück. Und das praktisch ohne Aufwand und jedenfalls ohne eigenes Risiko.“

Auf jeden Fall weiterbezahlen
Der AdvoFin-Rechtsanwalt Ulrich Salburg rät den GIS-Gebührenzahlerinnen und -zahlern, die Vorschreibungen der GIS auch weiterhin inklusive der vorgeschriebenen 10% Umsatzsteuer zu bezahlen: „Am besten schützen sich die Konsumenten durch eine rasche Anmeldung ihrer Forderungen in unserem Sammelverfahren. Wir sind uns sicher, dass die Vorschreibung der Umsatzsteuer gegen die europäische Mehrwertsteuerrichtlinie verstößt. Letztendlich kann das aber nur der EuGH entscheiden. Wir fordern daher den ORF auf, gemeinsam mit uns noch vor Weihnachten den EuGH anzurufen und damit Licht ins Dunkel zu bringen. Es kann schließlich nicht im Interesse des ORF sein, mehr als 3,3 Millionen seiner Kunden rechtlich im Dunkeln zu belassen.“

Es geht um die Rechte der Konsumenten, nicht um eine Kampagne gegen den ORF

Auch der AdvoFin-Vorstand appelliert an den ORF, die konsumentenfeindliche Rechtslage so rasch wie möglich vom EuGH klären zu lassen. Wüest: „Uns geht es nicht um eine Abschaffung der GIS-Gebühren. Uns geht es alleine darum, dass geltendes Recht umgesetzt wird und Konsumenten zu ihrem Recht kommen. Es kann nicht sein, dass der Konsument eine Steuer auf Steuern bezahlen muss.“

Natürlich sei ihm bewusst, dass damit auf den ORF große finanzielle Herausforderungen zukommen: „Setzen wir uns durch, wovon wir ausgehen, verliert der ORF natürlich auch einen großen Teil des Vorsteuerabzugs. Der ORF wird die zu viel verrechnete Umsatzsteuer von der Finanz zurückfordern. Die Finanz wird im Umkehrschluss den anteiligen Vorsteuerabzug reduzieren.“ Damit würden dem ORF ca. 7% seines Budgets, immerhin fast 70 Millionen Euro fehlen. „Das ist sicher bitter für den ORF. Aber noch schlimmer ist EU-widriges und konsumentenfeindliches Verhalten. Es kann nicht sein, dass sich die Politik und der ORF seit Jahren klar gegen EU-Recht stellen, nur weil sich niemand traut, den Gebührenzahlern die Wahrheit zu sagen: Wer einen unabhängigen Rundfunk will, muss ihn auch finanzieren, auf welche Art und Weise auch immer. Allerdings mit Sicherheit nicht über die Verrechnung einer EU-rechtswidrigen Steuer auf die Steuer, die allein zu Lasten der Konsumenten geht“, sagt Wüest.

Nähere Informationen sind auf der Website www.advofin.at zu finden.

Über AdvoFin
AdvoFin wurde 2001 als österreichische Prozessfinanzierungsgesellschaft gegründet und ist von kapitalstarken, unabhängigen institutionellen Investoren finanziert. Es ist der Geschäftsgrundsatz von AdvoFin auf jeden Fall unabhängig und anwaltsübergreifend zu arbeiten. AdvoFin entscheidet frei über Finanzierungsangebote und lässt sich nicht durch potente Gegner oder Zwänge des Falls beeinflussen. Heute ist AdvoFin der größte unabhängige Prozessfinanzierer Österreichs. In der Vergangenheit konnten für rund 24.000 Geschädigte erfolgreich Ansprüche in der Höhe von ca. 260 Millionen Euro, gegen oftmals sehr große Gegner, durchgesetzt werden. Die Fälle AMIS, Immofinanz oder Meinl Bank sind nur einige davon. Aktuell finanziert AdvoFin unter anderen tausende Klagen im Bereich Rücktritt von Lebensversicherungen.

Quelle:OTS

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