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Deutschförderklassen und Deutschförderkurse

Mit dem Schuljahr 2018/19 wurde das Modell der Deutschförderklassen und Deutschförderkurse an österreichischen Schulen eingeführt, das frühere Maßnahmen zur Deutschförderung ohne deren Evaluation ablöste. Die Zuteilung der SchülerInnen erfolgt mittels eines eigens entwickelten Tests, dem MIKA-D (Messinstrument zur Kompetenzanalyse – Deutsch) . Von Beginn an wurde sowohl von Seiten der Forschung als auch der Schulpraxis Kritik am Modell der Deutschförderklassen und am Zuteilungsinstrument MIKA-D geübt.

Zwei Jahre nach Einführung der Deutschförderklassen an österreichischen Schulen hat sich aus Sicht vieler SchulleiterInnen, PädagogInnen, Eltern und WissenschaftlerInnen die Kritik bestätigt:

• SchülerInnen erleiden Laufbahnverluste und verlieren wichtige Lebens- und Lernzeit. Laufbahnverluste frustrieren und führen zu Demotivation und letztlich zu geringerem Bildungserfolg.

• Die Einteilung der SchülerInnen und Schüler in Deutschförderklassen und Deutschförderkurse beschreiben Kinder und Eltern als verunsichernd und belastend. LehrerInnen berichten, dass sich Kinder in Deutschförderklassen ausgegrenzt und nicht-zugehörig fühlen und mitunter von anderen SchülerInnen auch deshalb gehänselt werden.  In einer österreichweiten Umfrage stellten LehrerInnen erhebliche negative Effekte der Deutschförderklassen auf sozialer Ebene fest. 

• Die Überprüfung mittels MIKA-D versetzt Kinder, Erziehende, Lehrpersonen und KindergartenpädagogInnen in großen Stress. Der Prüfungscharakter des Instrumentes kann auch durch intensive Informationsarbeit und eine sensible Durchführung kaum gemildert werden. Das MIKA-D-Ergebnis erlaubt keine gültige Aussage darüber, ob ein Kind/Jugendlicher dem Unterricht folgen kann oder nicht. ExpertInnen weisen darauf hin, dass MIKA-D aus testtheoretischer Perspektive nicht den Anforderungen an valide und faire Sprachstandsdiagnoseverfahren entspricht. 

• Der Aufwand, die MIKA-D Überprüfungen zu organisieren, zu dokumentieren, die Ergebnisse den Erziehungsberechtigten nachweislich mitzuteilen und das anschließende Berichtswesen (Eingabe der Ergebnisse auf diversen Plattformen) ist ein wesentlich höherer als der diagnostische und administrative Aufwand in der Zeit vor der Einführung der Deutschförderklassen und Deutschförderkursen.

• In den relativ homogenen Gruppen der Deutschförderklassen und Deutschförderkursen sind PädagogInnen die einzigen „Role models“. Sprache wird geplant und technisch angeeignet und kann kaum interaktiv und forschend verwendet werden.

• Nach Einschätzung zahlreicher Lehrpersonen würden auch viele Kinder mit Deutsch als Erstsprache den MIKA-D Test nicht bestehen.

• Eine österreichweite Umfrage unter mehr als 1200 LehrerInnen ergab, dass die Mehrheit der Befragten dem Modell der Deutschförderklassen ablehnend gegenübersteht. Knapp 80% befürworten ein Modell, das in erster Linie integrative Fördermaßnahmen in gemeinsamen Klassen für alle SchülerInnen mit zusätzlicher additiver Förderung im Bedarfsfall vorsieht. 

• Bei der Einführung der Deutschförderklassen und Deutschförderkurse wurden die Expertise und Erfahrungen von PädagogInnen und SchulleiterInnen ebenso wenig berücksichtigt wie Ergebnisse aus der Forschung. Bereits erfolgreiche, schulautonom entwickelte Konzepte der Deutschförderung wurden obsolet.

Sogenannte Deutschförderklassen grenzen Kinder aus, statt sie zu fördern. PädagogInnen und SchulleiterInnen wissen das, aber machen ihre Kritik daran aus Angst vor Konsequenzen nicht öffentlich. 

Wir sind Lehrpersonen und SchulleiterInnen, die anonym bleiben möchten, aber auch Netzwerk SprachenRechte (http://sprachenrechte.at/), Heidi Schrodt (ehem. Lehrerin&Schuldirektorin), Daniel Landau (Lehrer&Bildungsaktivist), und Hannes Schweiger (ehem. Lehrer&DaF/DaZ-Didaktiker).

Was fordern wir?

• Deutschförderklassen durch ein schulautonom adaptierbares Modell zu ersetzen.

• Ein Modell der inklusiven, kindgerechten und nachhaltigen Deutschförderung in einer mehrsprachig ausgerichteten Schule.

• Die Einbeziehung der Expertise und Erfahrungen von SchülerInnen, Eltern, WissenschaftlerInnen, SchulleiterInnen, und PädagogInnen.

• Kleinere SchülerInnengruppen und mehr Lehrpersonen, um individuelles Lernen wirklich gewährleisten zu können.

• Mehrsprachige Sprachförderung als Schwerpunkt in der LehrerInnenaus- und Fortbildung.

Wir fordern: Lasst Kinder gemeinsam lernen!

Liebe Eltern,

im Schuljahr 2018/19 hat das Bildungsministerium mit einem neuen Gesetz sogenannte „Deutschförderklassen“ eingeführt.

1. Was ist neu?

Wenn euer Kind zuhause eine andere Sprache als Deutsch spricht, wird es, bevor es in die Schule kommt, zu einem Test eingeladen. Mit diesem MIKA-D-Test werden die Deutschkenntnisse überprüft. Wenn nun euer Kind den Test nicht schafft, heißt es: Euer Kind darf nicht in die 1. Klasse gehen. Es kommt in eine „Deutschförderklasse“.

2. Was ist eine Deutschförderklasse?

Euer Kind kommt in eine Klasse, wo es mit allen anderen Kindern, die den Deutsch-Test nicht bestanden haben, von einer Lehrerin/einem Lehrer Deutsch lernen soll.

3. Was ist der MIKA-D Test?

Der Test soll Deutschkompetenzen überprüfen. Er dauert ungefähr 30 Minuten. Euer Kind ist mit einer fremden Person alleine in einem Raum und muss mit einem Papierlöwen sprechen. Der Test schaut vor allem, ob euer Kind die Wörter an der richtigen Stelle sagt.

4. Was passiert dann mit eurem Kind?

Einmal pro Semester wird euer Kind getestet. Da wird entschieden, ob es in die Regelklasse einsteigen darf.

5. Was ist, wenn euer Kind den Test wieder nicht besteht?

Euer Kind darf erst dann in die 1. Klasse Volksschule gehen, wenn es den Test schafft, oder zwei Jahre vergangen sind. Euer Kind steigt nur in die nächste Schulstufe auf, wenn es den MIKA-D Test ausreichend schafft. Es kann also passieren, dass euer Kind jetzt sieben, acht oder sogar neun Jahre alt ist und mit sechs jährigen Kindern in die Klasse gehen muss. So braucht euer Kind für die Volksschule nicht vier Jahre, sondern fünf oder sechs Jahre.

Telefon: +43 664 926 35 17

E-Mail: ali.doenmez@teamtherapie.at

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